Neues aus der Wissenschaft:
 Als Biologiestudentin hat Marit Woppel ein interessantes Diplomarbeitsthema gewählt. Sechs Monate lang studierte sie das Verhalten der Graupapageien-Gruppe an der Universität
 Wien.

Das erfolgreiche Projekt wurde von der Arge Papageienschutz vor vier Jahren ins Leben gerufen und bis heute organisiert und finanziert. Bereits vier abgeschlossene Diplomarbeiten und mehrere Kurzstudien liegen vor. Im Juli konnte Frau Mag. Woppel ihre Arbeit beim Ethologenkongress in Grünau im Almtal im Rahmen eines wissenschaftlichen Posters der Öffentlichkeit vorstellen. Hier fasst sie ihre Ergebnisse
zusammen:


„In meiner Diplomarbeit untersuchte ich die Dominanzbeziehungen einer Gruppe von sieben weiblichen und sechs männlichen Graupapageien unter Volierenbedingungen. Ich beobachtete das Verhalten der Tiere in unterschiedlichen Situationen und kam zu dem Schluss, dass eine nicht-lineare Dominanzhierarchie vorliegt. Es gab also weder einen absoluten Chef noch ein von allen unterdrücktes Tier. Jeder Vogel konnte in Konflikten einige seiner Artgenossen besiegen und war aber auch einigen anderen unterlegen. Generell konnte ich allerdings feststellen, dass Männchen in Auseinandersetzungen eher Gewinner waren und mehr Tiere dominieren konnten als Weibchen. Weiters schienen sich auch die jüngeren Individuen besser
durchzusetzen als die älteren Vögel.

Freundlichkeit bringt Vorteile


Ein vermehrter Austausch von Freundlichkeiten mit anderen Gruppenmitgliedern wirkte sich ebenfalls positiv auf den Rang in der Hierarchie aus. In den täglichen Futtersituationen beeinflusste vor allem das Geschlecht den Zugang zur Nahrung. Männchen waren meist vor Weibchen beim Futter und konnten auch länger fressen. Anders in einem Experiment, in dem die Tiere einen nur ihnen zur Verfügung gestellten Leckerbissen (eine Ölfrucht) gegen die übrigen Gruppenmitglieder verteidigen mussten. Hier waren vor allem soziale Bindungen bedeutend für den Erfolg.

Eine friedliche Gruppe

Mehrmals pro Woche sammelte ich von jedem Individuum Kotproben und bestimmte daraus die Hormone Corticosteron und Testosteron. Corticosteron wird vermehrt in Stresssituationen ausgeschüttet, Testosteron ist ein Sexualhormon und lässt Rückschlüsse auf die Aktivität der Gonaden zu. Weibliche Papageien mit niedrigem sozialen Status zeigten eine erhöhte Stressbelastung, bei männlichen Tieren mit hohem sozialen Status stellte ich eine erhöhte Testosteronsekretion fest. Allgemein lässt sich jedoch sagen, dass Stressausmaß und Aggressionslevel in der beobachteten Graupapageiengruppe sehr niedrig waren und die Tiere in Harmonie und Frieden lebten.

Der Abschied fiel schwer

Der Abschied von meinen grauen Lieblingen im Juni dieses Jahres ist mir sehr schwer gefallen. Auch Jakobine dürfte bei der allerletzten Fütterung gespürt haben, dass wir uns für lange Zeit nicht mehr sehen werden. Nachdem sie mir wie immer bei der Futterzubereitung Gesellschaft geleistet hatte, wollte sie nicht zurück in die Voliere. Erst nach einer halben Stunde Streicheleinheiten ließ sie sich zu ihren Mitbewohnern zurückbringen.“

Wir von der Arge Papageienschutz gratulieren Frau Mag. Woppel zur Erlangung des akademischen Grades „Magistra der Naturwissenschaften“ und danken für die liebevolle Betreuung unserer grauen Schützlinge.

„Hallo, hallo,“ rufen sie in allen Tonlagen, wenn wir den Raum betreten. Aber sonst ist die Menschensprache bei den 12 Grauen doch eher in den Hintergrund getreten. Von Pfeifen, Quietschen und Zwitschern bis hin zum ohrenbetäubenden Urwaldgeschrei variieren die Lautäußerungen der Papageien jetzt. Kein Zweifel, sie verwildern etwas. Und nicht nur das. Daß ihnen das Gruppenleben sehr gut tut, ist ganz offensichtlich zu erkennen: die Federn sprießen wieder.

Waren Anfang März 1999, zu Beginn des Projekts an der Uni Wien, noch 6 von 12 Graupapageien gerupft, so ist es jetzt nur mehr einer, der uns etwas Sorgen bereitet. Der zweijährige Coco ist ein sehr nervöses Tier, die kleinste Aufregung macht ihm zu schaffen. Und seine Freundin, Philomena, mit der er zu uns gekommen ist, hat ihn schon sehr bald verlassen. Obwohl auch sie erst zwei Jahre jung ist, wurde sie bereits am 2. Tag vom 28 jährigen Julius umschwärmt – mit Erfolg, wie sich herausstellte. Die beiden sind seither ein Paar, genauso wie Pipsi und Rocko, die das Rupfen zugunsten einer gegenseitigen Gefiederpflege aufgegeben haben. Kein schlechtes Zwischenergebnis: zwei von sechs möglichen Pärchen nach nur drei Monaten. Doch auch bei den Singles sind Partnersuche-Tendenzen zu erkennen; es ist halt nicht jeder so stürmisch …

Aufwendige Pflege lohnt sich

Die Pflege der zwölf Graupapageien kann durchaus als aufwendig bezeichnet werden, will man es ihnen an nichts fehlen lassen: zweimal täglich wird geputzt und abwechslungsreich gefüttert; viel Obst und Gemüse, Körnermischungen (auch Quell- und Keimfutter), Milchprodukte, gekochte Nudeln und Reis und am Sonntag ein halbes gekochtes Hühnerflügerl pro Tier; da läßt sich Julius doch noch zu einem menschlichen Freudenschrei hinreißen: „Ist das gut!“, ruft er in den höchsten Tönen. Und man kann ihm gar nicht böse sein, auch wenn er, mit Unterstützung seiner „Frau“, die neu eingerichtete Außenvoliere besetzt und die anderen nicht hinaus lässt.

Das Wichtigste ist Beschäftigung

Besonders wichtig ist natürlich das Beschäftigungsmaterial in Form von frischen Ästen, die wir mindestens zweimal wöchentlich heranschaffen. Es dauert meist nur ein paar Stunden bis alles kurz und klein genagt ist; auch jene Tiere, die sich bei ihren Vorbesitzern noch vor dem kleinsten Stöckchen fürchteten, haben sich zu leidenschaftlichen Nagern entwickelt. Gerade jetzt im Sommer ist nicht nur das Holz interessant, sondern auch Blätter, Blüten und Früchte. Welche Pflanzen wir verwenden, können Sie der nachfolgenden Tabelle entnehmen.

Pflanzen als Beschäftigungsmaterial (mit Rinde, Blättern, Blüten und Früchten – eine Auswahl):

  • Bäume: alle Obstbäume, Pappel, Weide, Linde, Birke Ahorn, Eiche, Ulme, Eberesche, Mehlbeere, Lärche
  • Sträucher: Holunder, Weißdorn, Sauerdorn, Hopfen, Himbeere, Brombeere

Als Zwischenbilanz können wir (und vor allem auch die Grauen) also durchaus zufrieden sein. Die Gruppenhaltung von Graupapageien können wir schon jetzt weiterempfehlen, was eigentlich ganz logisch ist, da diese Art ja auch in der Natur im Schwarm lebt.

Prominente Besucher: Dominik Heinzl