Variatio delectat (Abwechslung erfreut), sagten schon die alten Römer und hatten damit recht. Was für uns Menschen gilt, gilt erst recht für die Papageien, neugierige Geschöpfe, die zudem in der Regel in Lebensräumen von unglaublicher Vielfalt an Pflanzen und Strukturen heimisch sind.
Unsere heimische Flora bietet eine große Vielfalt an Pflanzen, mit denen wir das Leben der Gefiederten spannender und reicher gestalten können. Konzentrieren wir uns hier auf die Gehölze, weil sie sich als Futter und Strukturelemente für die Voliereneinrichtung eignen.
Weg der kleinen Schritte
Sage und schreibe ca. 2000 Gehölze kann man bei uns in Natur, Gärten und Parks finden – wie soll man sich da auskennen? Machen Sie es wie bei den Pilzen: Einige wenige häufigere Arten sollten Sie sicher und ohne Zweifel erkennen; dazu die wichtigsten Giftpflanzen (diese Kenntnisse sind außerdem für all jene sehr praktisch, die mit Kindern zu tun haben). Wenn es Ihnen Spaß macht, erweitern Sie Ihre Kenntnisse. Und machen Sie sich bewusst: lange nicht alles ist schon bekannt – entdecken Sie die artspezifischen bzw. individuellen Vorlieben Ihrer Vögel!
Wichtige Merkmale von Pflanzen
In der Pflanzenkunde gibt es ein ganzes Arsenal von Begriffen, die der akribischen Beschreibung von Pflanzen dienen. Zwei davon werden Ihnen das Merken und Erkennen der Pflanzen erheblich erleichtern:
- Die Blattstellung. Sie bezeichnet die Art und Weise, in der die Blätter am Spross angeordnet sind. Es gibt mehrere Möglichkeiten, fürs erste aber reicht die Unterscheidung zwischen gegenständiger und wechselständiger Blattstellung.
Bei der gegenständigen Blattstellung setzen je zwei Blätter an derselben Stelle des Sprosses an und stehen einander dabei genau gegenüber (siehe Abb.) .Die Ansatzstellen der Blattstiele sind dabei häufig über den Spross hinweg durch eine Linie/einen Wulst verbunden.
Bei der wechselständigen Blattstellung hingegen setzt an einer Stelle des Sprosses jeweils nur ein Blatt an (siehe Abb.).Wenn Sie diesen Unterschied beachten, können Sie sich in Fällen der Unsicherheit helfen, die Blattstellung ist nämlich bei den Exemplaren einer Art immer gleich; eine Vogelbeere z. B. kann nur wechselständige Blätter haben…
- Das Bauprinzip der höheren Pflanzen und das Prinzip der axillären Verzweigung. So verschieden die höheren Pflanzen (im Wesentlichen alles Grüne über Wasser, das nicht Moos, Farn oder Flechte ist) auch aussehen, ihr Bau folgt praktisch immer wenigen, einfachen Gesetzen. Die Abb. stellt diese Prinzipien anschaulich dar:
- Die typische Pflanze besteht aus wenigen Elementen: Wurzel, Spross, Blättern, Knospen und Blüten (auch diese sind letztlich beblätterte Sprosse, aber lassen wir die Spitzfindigkeiten …)
- Der Spross trägt Blätter und Knospen (aus denen im nächsten Frühling weitere Sprosse werden).
- Knospen stehen immer in den Achseln von Blättern.
- Und Blätter wiederum tragen nie Knospen und stehen nicht in den Achseln von anderen Blättern.
Wozu nun diese Spitzfindigkeiten? Es ist einfach nötig, dass wir sicher zwischen Sprossen und Blättern unterscheiden können. Anfänglich aber ist es manchmal gar nicht leicht zu sagen, ob ein Pflanzenteil nun ein gefiedertes Blatt oder ein Seitenspross ist (Abb.)
Sehen wir uns das fragliche Organ genau an: Es entspringt nicht einer Blattachsel, trägt selbst keine Knospen, hat aber eine Knospe in seiner Achsel sitzen? Dann ist es ein Blatt. Entspringt es einer Blattachsel und trägt selber Knospen, dann muss es sich um einen Seitensproß handeln! Ganz einfach.
Doch nun von der grauen Theorie in die (im Herbst gerade noch) grüne Praxis:
Vogelbeere oder Eberesche, Sorbus aucuparia (Rosaceae). Die Vogelbeere trägt ihren Namen nicht umsonst: ihre Früchte sind begehrte Nahrung sowohl der heimischen Vögel als auch der Papageien, die sich vielen Berichten zufolge regelrecht auf sie stürzen. Sie wächst durchaus zu einem stattlichen Baum mit runder bis eiförmiger Krone (siehe Abb.), wird aber kaum je ein knorriger Methusalem. Im Herbst fällt sie durch den oft reichen Behang mit roten Beeren auf. Die wechselständigen Blätter sind gefiedert, die Fiederblättchen oval, im unteren Teil ganzrandig, oben gezähnt und tragen meist ein feines Haarkleid. Die Blätter haben keinen Glanz und einen leicht blaugrünen Stich. Die roten, etwa erbsengroßen Früchte sind zu verzweigten, schirmförmigen, reif jedoch hängenden Büscheln vereint. Sie ähneln, aus der Nähe besehen, winzigen Äpfeln. Die Rinde der Zweige ist meist bronzefarben. Der Name Eberesche kommt von den wie bei der Esche gefiederten Blättern. Die Eberesche wächst in der Natur auf sauren Böden höherer Lagen, in der Stadt finden wir sie als Zierbaum.
Feuerdorn, Pyracantha coccinea (Rosaceae). Wohl kein anderer Strauch unserer Breiten trägt so reichlich Frucht wie der Feuerdorn: Die Sprosse sind von einem regelrechten „Mantel“ an orangen bist tiefroten Beeren umgeben (siehe Abb.). Die Pflanze wächst meist nicht hoch und bildet bogige, sparrig verzweigte Triebe, kurz: ein regelrechtes Gestrüpp, aus. Wie der Name schon verrät, ist der Feuerdorn ein wehrhafter Strauch mit starken Sprossdornen. Die Blätter stehen an gestauchten Sprossen (so genannten Kurzsprossen), sind im vorderen Teil breiter als im unteren, haben einen gekerbt-gesägten Rand und einen mittelstarken Glanz. Die Früchte ähneln im Bau jenen der Eberesche. Den Feuerdorn finden wir bei uns ausschließlich in Gärten und Parks, nicht aber in der freien Natur.
Weissdorn, Crataegus monogyna (Rosaceae). Auch der Weißdorn ist sowohl bei einheimischen wie auch exotischen Vögeln sehr beliebt (und ist außerdem eine Heilpflanze mit beruhigender, blutdrucksenkender Wirkung). Am auffälligsten ist der langsamwüchsige, oft kleine Bäumchen bildende, bewehrte Strauch wohl in seiner weißen Blütentracht im Frühsommer. Im Herbst sehen wir die etwa erbsengroßen kirschroten, glänzenden Früchte, die in kleinen Büscheln an den Kurztrieben stehen. Die Blätter sind wechselständig, klein, glänzend, im vorderen Teil gelappt, im unteren keilig verschmälert. Den Weißdorn finden wir vorwiegend in der Natur, besonders auf etwas trockeneren, ehemals beweideten Hügeln oder auch auf den Heißländen der Lobau, wo er entscheidend den „savannenartigen“ Gesamteindruck der dortigen Landschaft mitprägt.
Roter Hartriegel, Cornus sanguinea (Cornaceae). Der starkwüchsige Rote Hartriegel ist wohl einer der häufigsten Sträucher unserer Laubwälder und Waldränder der niederen Lagen und bildet öfters große Bestände. Er bildet viele reich beblätterte, gerade Sprosse (ideale Pfeile für „Pfeil und Bogen“). Die Blätter sind gegenständig, annähernd elliptisch, vorne kurz bespitzt, ganzrandig und weisen eine charakteristische Anordnung der Nerven auf: diese laufen nämlich als auffallende Bögen nach vorne in die Blattspitze. Der Strauch blüht im Mai/Juni recht auffällig weiß, die schwarzblauen Früchte stehen in kleinen schirmförmigen Büscheln und zeigen sich im Herbst. Zweige und Laub verfärben sich im Herbst meist auffällig rot; daher rührt auch der Name des Strauchs.
Und eine Giftige…
Eibe, Taxus baccata (Taxaceae). Die Eibe ist ein häufig anzutreffender Nadelbaum, wir finden sie kaum jemals in der freien Natur (wo sie in früheren Zeiten aufgrund ihrer Giftwirkung für Pferde regelmäßig vernichtet wurde), dafür aber häufig als Zierbaum in Parks und Gärten. Sie bildet meist eher kleine, dunkel beschattende Baumgestalten mit rötlichbraun berindeten, sehnigen Stämmen aus. Attraktiv ist sie wegen ihrer immergrünen Benadelung und dem reichen herbstlichen Besatz an roten „Früchten“ (siehe Abb.). Diese sind weich und matt und geben durch eine Öffnung den Blick auf den dunklen Samen frei. Die dunkelgrünen Nadeln stehen auf grünen Stielchen und bilden, beiderseits vom Zweig abstehend, eine Ebene. Sie sind unterseits etwas heller grün als oberseits (aber nicht weißlich wie z. B. die Nadeln der Tanne) und deutlich zugespitzt. Durch die Attraktivität verlockt die Eibe vielleicht zur Verwendung für die Einrichtung von Volieren etc. Aber Vorsicht: die ganze Pflanze, mit Ausnahme der roten Umhüllungen der Samen ist stark giftig!