Wer Missstände ändern möchte, muss diese zunächst einmal erkennen. Die große Zahl gehaltener Papageienarten stellt eine Herausforderung für die amtstierärztliche Kontrolle dar. Eine Vielzahl von Bedürfnissen ist jedoch bei den meisten Arten sehr ähnlich.
Diesmal möchten wir einige Spielideen unseres Mitglieds, Frau Evamaria Karpfen, veröffentlichen. Frau Karpfen ist Besitzerin mehrerer Agaporniden und eines Pärchens Blaustirnamazonen, das von der Arge Papageienschutz an sie vermittelt wurde.
Da handelsübliches Holzspielzeug für Papageien meist aus Hartholz gefertigt ist, kommt es bei den meisten Krummschnäbeln nicht so gut an und hängt oft jahrelang unangetastet in den Käfigen und Volieren.
Für die Exoten ist Nagen aber äußerst wichtig. Deshalb ist die Arge Papageienschutz schon vor längerer Zeit aktiv geworden und produziert nun selbst Holzspielzeug, das bei den Vögeln sehr beliebt ist, da es aus Weichholz gefertigt ist, das teilweise mit ungiftiger Lebensmittelfarbe gefärbt ist. Zusätzlich angebrachte Ringe, Kauschuhe etc. machen das Spielzeug noch interessanter.
Die Arge Papageienschutz bei der Arbeit – so entsteht unser Holzspielzeug für Papageien.
Die Papageienhaltung hat in den letzten Jahren einen umfassenden Wandel erfahren. Von der Einzel-, zur Paar- und Gruppenhaltung, vom Käfig zur Voliere. Doch wo soll die Voliere stehen, welches Material soll verwendet werden und wie soll ein Schutzraum aussehen? Häufig gestellte Fragen, die wir hier beantworten wollen.
Welche Lichtqualität brauchen Vögel in Innenräumen und wie kann diese erreicht und kontrolliert werden?
1. Begriffsdefinition (Quelle: Wikipedia):
Ein Stroboskop (griechisch strhόbos = Wirbel, Sichdrehen, strhόmbos = Kreisel, skopeΐn = betrachten, beobachten) ist ein Lichtblitzgerät, das Lichtblitze in sehr regelmäßigen zeitlichen Abständen abgibt, wodurch bei dunkler Umgebung Bewegungen abgehackt als eine Abfolge von stehenden Bildern erscheinen.
Als Stroboskopischen Effekt (im filmischen Kontext auch als Wagenradeffekt) bezeichnet man den scheinbar verlangsamten oder umgekehrten Ablauf von periodischen Prozessen, die nur zu bestimmten, regelmäßig aufeinander folgenden Zeitintervallen beobachtet werden, zum Beispiel mittels Lichtblitzen (Stroboskop) oder durch eine rotierende Scheibe mit Fenstern, die den Blick nur zeitweise freigeben.
Zum besseren Verständnis: Der Stroboskopeffekt wird bei einem Diskothekenbesuch anschaulich demonstriert: auch hier werden Stroboskope eingesetzt; die von ihnen gesendeten Lichtblitze lassen Bewegungen auf der Tanzfläche abgehackt erscheinen.
2. Warum leiden Vögel in menschlicher Obhut unter dem Stroboskop-Effekt?
Vogelauge und Menschenauge unterscheiden sich in zwei wesentlichen Aspekten:
- Tetrachromatische Farbempfindung: die Retina des Vogelauges weist vier Zapfentypen auf – und damit einen mehr als die des Menschen (trichromat) – damit sieht der Vogel auch im ultravioletten Spektralbereich.
- Sehvermögen: das hoch auflösende Vogelauge kann Flackerfrequenzen von über 120 Hz empfinden und Licht heller wahrnehmen – die Sensitivität des Menschenauges endet bei 80 Hz.
Eine Umfrage von Steigerwald (Deutschland, 2006) ergab, dass „üblicherweise bei der Haltung von Vögeln Leuchtmittel eingesetzt werden, die im Spektrum dem Menschen als Trichromaten angepasst und nicht mit dem visuellen Wahrnehmungsvermögen des Vogels vereinbar sind. Nach dem Ergebnis aus der Umfrage im Rahmen dieser Studie an Ziervogelhaltern, werden bei der Haltung von Ziervögeln überwiegend handelsübliche Glühlampen und Leuchtstofflampen verwendet.“
Diese Leuchtstofflampen werden in Europa mit 50 Hz Wechselstrom betrieben, wobei sich Flackerfrequenzen von ca. 100 Hz ergeben. Vom menschlichen Auge nicht wahrnehmbar – für das Vogelauge störend.
In Verbindung mit dem meist fehlenden UV-Anteil in der Zimmerbeleuchtung kann dies in der Haltung zur Beeinträchtigung des Wohlbefindens (Stress!) gehaltener Vögel führen (siehe auch Steigerwald 2006). Die Folgen können sehr unterschiedlich, sowohl körperlicher (Vitamin-D-Synthese und Kalzium-Stoffwechsel, etc.) als auch psychischer Natur sein (Federrupfen, Verhaltensänderung, sexuelle Frustration).
3. Tiergerechte Vogelhaltung unter natürlichen Lichtverhältnissen mit UV- Spektrum
3.1. Folgen der Anpassung von Vögeln an natürliche Lichtverhältnisse
Den bereits angeführten physiologischen Fakten bedingen wesentliche Verhaltensweisen der Vögel: zum Beispiel erkennen Vögel anhand von UV-Marken den Reifezustand von Früchten, auch Artgenossen und Geschlechter werden im UV-Licht erkannt und unterschieden. So wissen wir heute, dass die für uns schwarz erscheinenden Beos sich gegenseitig als bunte Vögel wahrnehmen.
Im Rahmen der Haltung von Nutzgeflügel macht man sich die Auswirkungen unterschiedlicher Beleuchtungsarten und -qualitäten zunutze und beeinflusst gezielt Verhaltensweisen wie Eierlegen, Reduktion agonistischer Verhaltensweisen wie gegenseitiges Bepicken, etc.
3.2. Wie sehen artgerechte Lichtverhältnisse für Vögel in Innenräumen aus?
Artgerechte Lichtverhältnisse umfassen im wesentlichen vier Parameter:
- spezielle Tageslichtlampe mit UV-A und UV-B Emission
- Lichtleiste mit EVG (elektronisches Vorschaltgerät)
- richtige Montage der Lampe
- ausgewogene Beleuchtungsdauer
Spezielle Tageslichtlampe mit UV-A und UV-B Emission
Am Markt sind spezielle Vogellampen mit ca. 15% UV-A und 2,4% UV-B Anteil erhältlich, hier seien beispielsweise die „Bird Lamp“ der Fa. Arcadia (in verschiedenen Längen (Watt) erhältlich) oder – im etwas neueren T5-System – die Narva T5-HQ/958 Bio Vital erwähnt. Das T5-System bietet Röhren mit geringerem Querschnitt und höherer Lichtausbeute in der Regel preisgünstiger an.
Aufgrund der genannten UV-A und UV-B Anteile wird klar, dass Pflanzen-, Aquarien- und Reptilienlampen, die andere Spektren abdecken, nicht einsetzbar sind.
Achtung: die Nutzungsdauer dieser Lampen erlischt schon bevor sie „kein Licht“ mehr geben, denn die UV-Strahlung nimmt mit der Zeit ab. Sie sollten daher mindestens einmal jährlich erneuert werden (Die Strahlungsintensität kann mit einem UV-Messgerät bei eingeschalteter Lampe gemessen werden). Zwischendurch sollten die Lampen regelmäßig vom (Feder)staub befreit werden.
UV-Messgeräte, die sowohl UV-A also auch UV-B Strahlung messen, gibt es im Handel ab ca. 120 Euro (Bsp.: UV-Messgerät YK-35UV UV1). Billiggeräte messen meist nur die UV-B Strahlung.
Lichtleiste mit EVG (elektronisches Vorschaltgerät)
Die Verwendung einer Vogellampe allein ist nicht genug: es gilt, die Frequenz von 50 Hz in den Megahertzbereich anzuheben. Dafür sorgt ein elektronisches Vorschaltgerät, kurz EVG genannt. Dieses ist in die Lichtleiste, also den Träger der Lampe, integriert (als kleines „Kästchen“) – aber eben nicht in jede. Der Preis gibt einen kleinen Hinweis: günstige Lichtleisten um 10,- bis 15,- Euro, wie es sie im Baumarkt gibt, enthalten sicher kein EVG. Lichtleisten mit EVG kosten ab ca. 30,- Euro aufwärts. Meist ist das Vorhandensein eines EVG auch auf der Lichtleiste vermerkt; weiters sind Lichtleisten mit EVG schwerer als jene ohne. Es ist auch möglich, vorhandene Lichtleisten mit einem EVG „nachzurüsten“ – hier berät der Elektriker. Generell wird empfohlen, Lichtleisten mit EVG nur über den Fachhändler zu beziehen.
Richtige Montage
Es ist nicht egal, wo die Lampe montiert wird. Die Vögel sollten die Möglichkeit haben, in ca. 30-40 cm Entfernung von der Lampe zu sitzen. Denn die Strahlung nimmt mit der Distanz rasch ab. Wenn eine Lampe also z.B. an der Decke einer 3,50 m hohen Altbauwohnung montiert wird, und die Voliere nur 2 m hoch ist, so muss die Lampe tiefer gehängt werden. Die Lampe statt an der Decke senkrecht an der Wand zu befestigen ist keine gute Alternative. Natürlicherweise soll das Licht von oben kommen, nicht von der Seite.
Achtung: Kunststoffabdeckungen abnehmen: Aus Unwissenheit verwenden viele Vogelhalter Lichtleisten mit einer Kunststoffabdeckung (wie z.B. in Feuchträumen). Ähnlich einer Fensterscheibe schirmt die Kunststoffschicht jedoch die UV-Strahlung ab (sofern es sich nicht um spezielle Gläser bzw. Kunststoffe handelt)! Daher müssen diese Abdeckungen abgenommen werden. Ob ein Kunststoff UV-Licht durchlässt, prüft man im Zweifelsfall mit einem UV-Meter.
Haben die Vögel die Möglichkeit, die Lampe zu „erreichen“, so bedarf es in der Regel eines Schutzkorbes aus Gitter (meist Sonderanfertigung).
Ausgewogene Beleuchtungsdauer
Der Tageslichtdauer in ihren Herkunftsländern, die meist tropische sind, entsprechend, sollten die Lampen konstante Lichtbedingungen bieten – in der Regel dauern Licht- und Dunkelphasen jeweils 12 Stunden. Dies kann mithilfe von Zeitschaltuhren am besten sichergestellt werden.
Nach Steigerwald (2006) kann eine übermäßige Beleuchtungsdauer am Abend (angepasst an den Rhythmus des Menschen) und Anpassung des Vogelorganismus auf diesen Zeitgeber gesundheitliche Schäden am Tier, wie beispielsweise Legenot oder Fettleibigkeit, hervorrufen. Ebenso beschreiben Munkes und Schrooten (2008) die Wichtigkeit eines regelmäßigen Tag-Nacht-Rhythmus.
Fazit: Die Bereitstellung von artgerechten Lichtverhältnissen in der Vogelhaltung ist unerlässlich und im österreichischen Tierschutzgesetz auch Pflicht. Die Qualität natürlicher UV-Strahlung im Freien kann jedoch auch durch die besten Lampen nicht erreicht werden. Es empfiehlt sich daher für jede(n) VogelhalterIn, den Vögeln wenn immer möglich, den Aufenthalt im Freien zu gewähren (Garten- oder Terrassenvoliere, vergitterter Balkon oder Fenster). Die Tiere werden es mit guter Gesundheit danken!
weiterführende Literatur:
- Kristin Steigerwald (2006): „Sehleistung des Vogelauges; Perspektiven und Konsequenzen für die Haltung von Zier- und Wirtschaftgeflügel unter Kunstlichtbedingungen.“ (im Internet abrufbar).
- Munkes, V. & Schrooten, H. (2008): Papageienverhalten verstehen, Verlag Ulmer.
Weg von der Einzelhaltung
Auch wenn Ihr Papagei sich nicht die Federn rupft, nicht aggressiv ist und nicht den ganzen Tag schreit – die Einzelhaltung ist und bleibt nicht artgerecht für die sozialen Exoten. Halten Sie Amazonen, Aras und Kakadus im Paar und Graupapageien, Wellensittiche, Nymphensittiche und Agaporniden in der Gruppe. Die Arge Papageienschutz hilft Ihnen bei der Vergesellschaftung – auch von älteren Vögeln. Bedenken Sie: Selbst ein glückliches Jahr zu zweit trägt zu einem erfüllten Leben bei. Vergesellschaften Sie immer gleichartige Vögel!
Lebensraum schaffen
Die Käfighaltung von Großpapageien ist nicht ohne Grund seit 2005 in Österreich verboten. Ein Käfig kann nicht ausreichend strukturiert werden und bietet nicht genug Bewegungsmöglichkeiten. Erst ab 6 m² Grundfläche kann eine Voliere einen zwar immer noch kleinen, aber doch gut gestaltbaren, abwechslungsreichen Ort für Papageien bieten. Wir beraten gerne und helfen auch beim Bau.
Abwechslungsreiche Ernährung
Papageien sind keine sturen Körnerfresser, es kommt nicht nur auf die Zusammensetzung, sondern auch auf die Präsentation an. So werden Früchte, z.B. oft lieber von einem Spieß genommen als aus dem Napf. Bietet man gesundes Obst und Gemüse morgens statt der Körnermischung an, wird es auch angenommen. Manches wie etwa Karotten wird lieber gekocht verzehrt. Erst am Nachmittag sollten Körner gereicht werden – aber bitte ohne Erdnüsse. Zusätzlich sollten regelmäßig gekochter Reis, Nudeln und Bohnenmischungen sowie etwas tierisches Eiweiß in Form gekochter Eier, Fruchtjoghurt, Topfen, etc. auf dem Speiseplan stehen. Als Nahrungsergänzung: Vitamine und Mineralstoffe (vor allem Kalzium).
Regelmäßiger Tagesrhythmus
Kurz gesagt: tagsüber Action und nachts Ruhe und Finsternis. Keine störenden Fernseher, Musik, Beleuchtung und Unterhaltungen. Wenn Sie Ihre Papageien im Wohnzimmer halten, sorgen Sie für eine zusätzliche Schlafmöglichkeit in einem Nebenzimmer. Ein jeweils zwölfstündiger Tag-Nacht-Rhythmus ist optimal, so würden sie es auch in ihren Herkunftsländern vorfinden.
Richtiges Klima schaffen
Der Großteil der Papageienarten kommt aus den tropischen Regenwäldern, in denen es häufig stark regnet und daher eine hohe Luftfeuchtigkeit vorherrscht. Außerdem sind sie starken Lichtintensitäten ausgesetzt. Die UV-Strahlung ist für ihren Kalziumstoffwechsel (Knochen, Eiproduktion) unerlässlich. In Gefangenschaft müssen wir mit Luftbefeuchtern (Verdampfer, keine Vernebler!) und speziellen Vogellampen mit UV-Anteil (und Vorschaltgerät zur Verhinderung des Stroboskop-Effekts) aushelfen. Zusätzlich brauchen die Vögel eine Badegelegenheit und sollen regelmäßig mit Wasser besprüht werden.
Gartenvoliere statt Flügelstutzen
Fliegen ist die artgemäße Fortbewegungsweise flugfähiger Vögel. Ihr gesamter Körper ist darauf spezialisiert (Knochenbau, Luftsäcke, etc.) und benötigt den regelmäßigen Flug zur Gesunderhaltung. Aber auch die Psyche ist ein wichtiger Faktor: Wer den Vögeln die Flugfähigkeit nimmt, bricht auch ihr Selbstvertrauen. Ein flugunfähiger Papagei im Apfelbaum ist nicht glücklich – es sieht nur für den Menschen so aus, weil er keine Gitter sehen mag. Daher: Wenn Sie Ihren Papageien den Aufenthalt im Freien ermöglichen wollen – und das ist extrem wichtig (UV-Licht, Beregnung, Reize) – bauen Sie eine Gartenvoliere. Wir beraten gerne!
Kampf gegen die Langeweile
Papageien sind so klug wie ca. 3- bis 4-jährige Kinder. Stellen Sie sich vor, ein Kinderzimmer würde nur aus einem Bett, einem Kasten und einem Tisch mit Sessel bestehen – wie langweilig wäre diesen Kindern. Genauso geht es unseren Papageien: Sie langweilen sich zu Tode – oft der Auslöser für das Federrupfen. Manche von Ihnen werden jetzt sagen: „Aber unser Papagei fürchtet sich vor neuen Dingen.“ Und damit wären wir wieder beim ersten Punkt dieses Beitrags. Besonders Graupapageien sind, so lange sie alleine oder nur paarweise gehalten werden, extrem neophob (Angst vor neuen Dingen und Situationen). Nur die Sicherheit in der Gruppe kann diese Angst nehmen, denn im Schwarm gibt es immer auch mutige Vögel, die etwas ausprobieren. Und die anderen machen es nach. Wenn also der Rahmen geschaffen wurde, ist auch die Beschäftigung „kinderleicht“ – frische Äste, Blüten, Fruchtspieße, Intelligenzspiele, Schaukeln, Schachteln, Koniferenzapfen, Beeren am Zweig, Hirse von der Rispe und vieles mehr.
Papageien sind hochsoziale Vögel. In der Natur gehen sie – meist lebenslange – Partnerschaften ein und leben in Familiengruppen oder Schwärmen. Das bundeseinheitliche Tierschutzgesetz (seit 1.1.2005 in Kraft) trägt diesem Umstand Rechnung, indem es die Einzelhaltung von Papageien verbietet. Die Praxis sieht jedoch anders aus: Immer noch werden unzählige Papageien einzeln gehalten.
Fragt man nach, ist man mit wiederkehrenden Befürchtungen und Vorurteilen im Hinblick auf eine artgerechte Verpaarung konfrontiert. Damit nicht erst eine Anzeige die Vergesellschaftung erzwingt, sondern die PapageienhalterInnen ihrem Gefiederten freiwillig eine Partnerschaft ermöglichen, wollen wir die häufigsten Fragen, die sich in diesem Zusammenhang ergeben, in diesem Beitrag beantworten. Diese sind:
- Wird mein Papagei noch einen Partner akzeptieren?
- Woher bekomme ich einen Partnervogel?
- Wie vergesellschaftet man Papageien?
- Wie lange dauert die Vergesellschaftung?
- Was mache ich, wenn die Vögel nicht harmonieren?
- Wie funktioniert die Partnervermittlung der Arge Papageienschutz und welche Kosten kommen auf mich zu?
- Welche Veränderungen bedeutet das für mich und meine Familie?
Wird mein Papagei noch einen Partner akzeptieren?
Die wohl wichtigste Erkenntnis in diesem Zusammenhang ist, dass, im Gegensatz zur gängigen Meinung, das biologische Alter und die Dauer der Einzelhaltung für eine Vergesellschaftung praktisch nicht ausschlaggebend sind.
Die Praxis zeigt, dass vielmehr die Prägung und individuelle Sympathie sowie ferner der Gesundheitszustand der Tiere und das Verhalten der Pfleger für Erfolg oder Misserfolg eines Verpaarungsversuches verantwortlich sind. So ist ein per Hand aufgezogener, auf den Menschen (und daher fehl) geprägter zweijähriger Papagei meist schwieriger zu verpaaren, als ein 30jähriger „Robinson Crusoe“, der noch von seinen Vogeleltern sozialisiert wurde.
Woher bekomme ich einen Partnervogel?
Grundsätzlich gibt es mehrere Möglichkeiten, zu einem Partnervogel zu gelangen. Der Kauf eines Vogels im Zoohandel oder beim Züchter wird aus mehreren Gründen von Seiten des Papageienschutzes nicht empfohlen: Die Tiere sind in der Regel teuer, die Herkunft und damit Legalität der Tiere oft ungewiss, ebenso der Gesundheitszustand und eine – eventuell pro- blematische – Vorgeschichte. Das Geschlecht des Vogels wird oft nur vermutet, eine Rückgabe bei Misslingen des Vergesellschaftungsversuchs ist meist nicht möglich. Die Gefahr, ein per Hand aufgezogenes, fehlgeprägtes Tier zu erwerben, ist relativ groß. Außerdem sind mehr Jungtiere als geschlechtsreife Vögel im Handel. Nicht zuletzt wird mit dieser Form der Anschaffung der Handel von Papageien gefördert, was nicht im Sinne des Tier- und Artenschutzes sein kann.
Empfehlenswerter ist daher die Anschaffung eines so genannten „second hand“ Papageis. Die Vermittlung solcher Tiere war die Geburtsstunde der Arge Papageienschutz. Es gibt immer Menschen, die sich aus verschiedenen Gründen von ihrem Papagei trennen möchten oder müssen. Auf der anderen Seite stehen jene, die gerne ein Partnertier aufnehmen möchten. Seit 1995 betreibt die Arge Papageienschutz schwerpunktmäßig die Vermittlung solcher Tiere, die als „Partnervermittlung für Papageien“ bekannt wurde. Die Vorteile liegen auf der Hand:
- Die zu vermittelnden Tiere sind untersucht und ihr Geschlecht ist bekannt.
- Der Handel wird nicht gefördert.
- Es können so viele Versuche wie nötig durchgeführt werden, nicht harmonierende Tiere werden ausgetauscht, bis es klappt.
- Es können Tiere ähnlichen Alters zusammengeführt werden.
- Die PapageienhalterInnen bekommen jede notwendige Information und Hilfe zur Vergesellschaftung und zur tiergerechten Haltung.
- Die Kosten sind wesentlich geringer als beim Kauf.
- Die Vorgeschichte und das individuelle Verhalten der Vögel sind zumeist bekannt, der Besitzer weiß, worauf er sich einlässt.
Wie vergesellschaftet man Papageien?
Zu den wichtigsten Voraussetzungen für das Gelingen der Zusammenführung von Papageien gehören:
- nur artgleiche, gesunde, gegengeschlechtliche Vögel ähnlichen Alters zusammenbringen
- neutralen Ort (zumindest neue Voliere) wählen und
- möglichst wenig Einflussnahme der Pflegepersonen.
Das Geschlecht der Tiere soll also vorab mittels DNA-Analyse (Feder oder Blut) oder mittels Endoskopie bestimmt werden. Bei Schwarmvögeln wie Wellensittichen, Nymphensittichen, Agaporniden und Graupapageien ist die Geschlechtsbestimmung dann nicht unbedingt nötig, wenn die Tiere freie Partnerwahl in einer Gruppe haben. Hier besteht auch die Möglichkeit, dass sich gleichgeschlechtliche (meist männliche) Tiere finden.
Ein neutraler Ort zur Vergesellschaftung, wie z.B. in unseren Papageienheimen, eignet sich dafür am besten, und zwar aus folgenden Gründen:
- Es gibt kein Revier, keinen Heimvorteil, beide Vögel haben die gleiche Ausgangsposition.
- Die Unterbringung ist ausreichend groß, die Tiere fühlen sich nicht beengt.
- Die Pflegepersonen sind den Vögeln nicht bekannt, es entstehen kein Loyalitätskonflikt und keine Eifersucht unter den Tieren.
- Die Pflegepersonen mischen sich nicht in das Leben der Papageien ein.
- Das Verhalten der Vögel und in der Regel auch der Gesundheitszustand können von versierten Pflegern besser beurteilt werden.
- Die Beurteilung, ob die Vögel harmonieren oder nicht, ist objektiv und nicht von persönlichen Vorlieben und Interpretationen geleitet.
Bei „privaten“ Vergesellschaftungversuchen treten oft folgende Probleme auf:
- zu starke Einflussnahme (besonders bei zahmen Vögeln),
- Fehlinterpretation des Vogelverhaltens,
- Missdeutung des Erfolgs eines Versuches aufgrund persönlicher Sympathie oder Antipathie für ein Tier (ein zahmer, sprechender Vogel wird nicht mehr gerne hergegeben).
Findet die Vergesellschaftung dennoch bei den PapageienhalterInnen statt, so sollte zumindest eine neue Voliere vorhanden und die Besitzer gut über die Vorgangsweise informiert sein. Diese Informationen erhalten die Tierbesitzer von der Arge Papageienschutz im Zuge eines Hausbesuches, bei dem auch die anderen Aspekte der Haltung wie Ernährung, Unterbringung und Beschäftigung, besprochen werden.
Wie lange dauert die Vergesellschaftung?
Einmal abgesehen von der „Liebe auf den ersten Blick“, die es durchaus gibt (schätzungsweise 5% der Versuche), kann es zwischen ein paar Tagen und einigen Monaten dauern, bis feststeht, ob ein Paar harmoniert oder nicht. Im Durchschnitt erfolgt die Paarfindung innerhalb von 8-10 Wochen.
Eindeutige Zeichen für eine erfolgreiche Verpaarung sind:
- ein- oder gegenseitiges Füttern und / oder Kraulen,
- Schnäbeln,
- eng nebeneinander Sitzen,
- aus einer Schüssel Fressen,
- gemeinsame Verteidigung eines (kleinen) Reviers,
- Balz- und Kopulationsverhalten.
Nach dem ersten Beobachten solcher Verhaltensweisen sollte jedoch noch mindestens zwei bis drei Wochen zugewartet werden, da sich manche Paare auch wieder trennen (besonders gleichgeschlechtliche). „Trennungen“ gibt es auch nach mehreren Jahren, v.a. dann, wenn die Tiere bei der Zusammenführung noch nicht geschlechtsreif waren. Trennungen erwachsener Vögel sind uns nur aus Fällen bekannt, bei denen privat vergesellschaftet wurde. Hier stellt sich jedoch die Frage, ob die Vögel jemals wirklich verpaart waren. Bei Schwarmvögeln konnten wir auch Dreierbeziehungen sowie lockere Partnerschaften feststellen, in denen Seitensprünge, oder besser „Seitenflüge“, eine Rolle spielen.
Was mache ich, wenn die Vögel nicht harmonieren?
Falls die Vögel nicht harmonieren, bleibt nur der neuerliche Versuch. Beim ersten Versuch lassen sich soziale Verhaltensweisen wie Dominanzverhalten feststellen. Darauf kann dann beim nächsten Versuch Rücksicht genommen werden.
Es macht keinen Sinn, zwei Vögel zusammen zu lassen, wenn sie nicht harmonieren, auch, wenn sich dies nicht durch aggressives Verhalten zeigt. Papageien, die nebeneinander her leben sind wie zwei Einzelvögel zu betrachten. Disharmonie kann nach einiger Zeit auch zu Stress und damit zu Federrupfen oder Aggression führen.
Die Möglichkeit, Vögel öfter auszutauschen, hat in der Regel nur eine Institution wie die Arge Papageienschutz; auf privater Basis ist dies kaum möglich.
Wie funktioniert die Partnervermittlung der Arge Papageienschutz und welche Kosten kommen auf mich zu?
Wenn Papageienhaltung tiergerecht betrieben wird, ist sie nicht gerade billig. Dies betrifft zunächst die Errichtung einer adäquaten Voliere. Die Kosten der Anschaffung der Tiere sind natürlich von der Quelle abhängig: Am teuersten werden Papageien in Zootierhandlungen gehandelt, an zweiter Stelle stehen meist die Züchter, an dritter die private Beschaffung über Inserate und an vierter die Aufnahme von Papageien über Tierschutzvereine wie die Arge Papageienschutz, auf die in der Folge näher eingegangen wird. Wer einen oder mehrere Großpapagei(en) über die Arge Papageienschutz aufnehmen möchte, muss mehrere Bedingungen erfüllen:
- Zunächst kontaktiert der/die BewerberIn den Verein telefonisch (bei der wöchentlichen Telefon beratung) oder per E-Mail. Ein ausführliches Gespräch informiert die BewerberIn über das Procedere inkl. entstehender Kosten.
- Der/Die BewerberIn erhält ein Infopaket per Post inkl. Fragebogen zur gegenwärtigen Situation der bereits gehaltenen Papageien.
- Als nächster Schritt wird (vorrangig in Wien und NÖ) ein Hausbesuch durchgeführt, bei dem der Platz besichtigt und über Volierenbau, Ernährung, Beschäftigung sowie die Vorgangsweise bei der Vergesellschaftung informiert wird. Im Zuge dessen kann auch abgeklärt werden, welche Chancen eine Vergesellschaftung in der gewohnten Umgebung hat.
(Kosten in Wien: Euro 36,–, außerhalb Wiens mit Fahrtkostenbeteiligung) - Die neue Voliere sollte, wenn nicht schon vorhanden, gebaut werden. Hierbei gibt es ebenfalls Hilfestellung durch den Verein. Wenn der/die TierhalterIn diese Voliere nicht vorab errichten kann, wird die Zusammenführung außer Haus durchgeführt oder, in Ausnahmefällen, ein zweiter Käfig für den Vergesellschaftungsversuch zur Verfügung gestellt. In jedem Fall aber unterschreibt der/die InteressentIn eine Erklärung, in der er/sie sich verpflichtet, den Partnervogel während der Zeit der Vergesellschaftung tiergerecht zu halten, bei Bedarf tierärztlich behandeln zu lassen und bei Misserfolg dem Verein wieder auszuhändigen. Außerdem verpflichtet er/sie sich, eine gesetzeskonforme Voliere unmittelbar nach geglückter Zusammenführung zu errichten. Da Tiere nur an Mitglieder vermittelt werden, ist die Mitgliedschaft für ein Jahr (Kosten: Euro 27,–) zu begleichen.
- Bei erfolgreicher Vergesellschaftung wird ein Schutzvertrag unterzeichnet, der dem/der neuen PapageienhalterIn alle Rechte und Pflichten eines Eigentümers einräumt, mit Ausnahme der Weitergabe des Vogels. Die neue BesitzerIn wird somit nicht EigentümerIn, sondern „EinstellerIn“, die Kosten sind nicht als Kaufbetrag sondern als Pflegekostenbeitrag und Tierarztkostenersatz zu betrachten (Kosten: einmalig, Anzahl der Versuche unerheblich, Euro 250,– für einen Großpapagei, Euro 400,– für ein Paar).
Die Beschreibung dieser Vorgangsweise mag kompliziert und langwierig wirken, sie hat sich jedoch schon allein aufgrund der Tatsache, dass Papageienhaltung meist eine Lebensentscheidung ist, sehr gut bewährt. Wem dieses Procedere zu umständlich ist, dem ist meist auch die Papageienhaltung zu aufwändig. Der länger dauernde Prozess gibt den PapageienhalterInnen zudem die Möglichkeit, sich auf die Veränderungen durch die Haltung von zwei oder mehr Papageien einzustellen.
Für kleine Papageien wie Agaporniden und kleine Sittiche ist dieses Procedere aus Kapazitätsgründen verkürzt. Die BewerberIn muss die Käfigmaße angeben und eventuell ein Foto senden. Die Tiere werden dann gegen eine freiwillige Spende vermittelt.
Welche Veränderungen bedeutet das für mich und meine Familie?
Die Veränderungen, die durch die Haltung von zwei anstatt einem Papagei entstehen, sind mitunter erheblich und vor allem von der gehaltenen Art abhängig.
Der wichtigste und zugleich schwierigste Schritt für die PapageienhalterInnen ist es, die Papageien als eigenständige Lebewesen mit einer Reihe von arteigenen Bedürfnissen zu akzeptieren, die jenen der Menschen nicht entsprechen müssen. Dies beginnt schon bei der Erkenntnis, dass diese Tiere viel Platz benötigen, der nicht aus Wohnzimmermöbeln sondern Kletterbäumen, Seilen, Schachteln und Schaukeln besteht. Der ehemalige „Schmusevogel“ schnäbelt von nun an vorwiegend mit seinem Vogelpartner. Aus dem „Unterhalter“ wird nun ein Tier, das unterhalten werden will – denn auch verpaarte Papageien brauchen Beschäftigung, so genanntes environmental enrichment, das nicht selten die BesitzerIn zum „Clown“ macht. Während das Zusammenleben mit einem Paar oder auch mehreren Graupapageien meist problemlos verläuft (kaum Aggression, erträgliche Lautstärke), sieht dies z.B. bei Amazonen und Kakadus ganz anders aus. Amazonen sind sehr territorial und gehen eine enge Paarbindung ein. Das Männchen empfindet die Annäherung des Menschen an „sein“ Weibchen als Bedrohung und greift oft an. Eine „freie“ Haltung in der Wohnung wird damit unmöglich, manchmal sogar das gefahrlose Betreten der Voliere. Hier wird den HalterInnen eine Menge an Selbstlosigkeit und Toleranz abverlangt, die nur wenige aufbringen können. Dazu kommt die enorme Lärmentwicklung, die nicht selten zu Problemen in der Nachbarschaft oder sogar in der eigenen Familie führt.
Ähnlich ist die Situation bei Kakadus, die meist noch stimmgewaltiger als Amazonen sind und zusätzlich aggressiv gegeneinander vorgehen können. Nicht selten kommt es vor, dass das Männchen sein Weibchen oder ein zweites Männchen schwer verletzt oder tötet, sodass man bei Kakadus an die Grenzen des Machbaren in der Heimtierhaltung stößt.
Die Haltung von Aras ist (zum Glück) weit weniger häufig, da, aufgrund des Platzbedarfs, in Neubauwohnungen mit einer Zimmerhöhe von ca. 2,5 Meter schon gar nicht mehr erlaubt. Abgesehen von der Lautstärke und des erwähnten Platzbedarfs ist jedoch der Umgang mit Aras meist einfacher als mit Amazonen und Kakadus. Lediglich die Vergesellschaftung ist mitunter etwas problematisch und sollte nur von Arakennern durchgeführt werden. Generell ist das Leben mit Papageien arbeitsintensiv (Heranschaffen von frischen Ästen, Spielzeug, Ernährung, Reinigung), laut und nicht billig (spezielle Ernährung, Tierarzt, Unterbringung). Erfahrungsgemäß kommen mit diesen Umständen nur jene Menschen gut zurecht, die sich eine tiergartenbiologischen Sichtweise aneignen. Die Arge Papageienschutz versucht daher, nach Maßgabe ihrer Möglichkeiten, mit den „Einstellern“ in Kontakt zu bleiben und durch regelmäßige Veranstaltungen wie Vorträge, Exkursionen und Besuchstage in den Heimen diesen tiergartenbiologischen Zugang zu forcieren.
Abschließend muss jedoch betont werden, dass uns in all den Jahren niemand begegnet ist, der den Schritt zur Vergesellschaftung seines Papageien bereut hätte. Jeder, der einmal gesehen hat, wie sein Papagei einen anderen gekrault hat oder von diesem gefüttert wurde und auf Tuchfühlung mit ihm die Nacht verbracht hat, versteht, warum der Mensch den Vogelpartner nie ersetzen kann, wenn er sich auch noch so bemüht.
Neues aus der Wissenschaft: Als Biologiestudentin hat Marit Woppel ein interessantes Diplomarbeitsthema gewählt. Sechs Monate lang studierte sie das Verhalten der Graupapageien-Gruppe an der Universität Wien.
Das erfolgreiche Projekt wurde von der Arge Papageienschutz vor vier Jahren ins Leben gerufen und bis heute organisiert und finanziert. Bereits vier abgeschlossene Diplomarbeiten und mehrere Kurzstudien liegen vor. Im Juli konnte Frau Mag. Woppel ihre Arbeit beim Ethologenkongress in Grünau im Almtal im Rahmen eines wissenschaftlichen Posters der Öffentlichkeit vorstellen. Hier fasst sie ihre Ergebnisse zusammen:
„In meiner Diplomarbeit untersuchte ich die Dominanzbeziehungen einer Gruppe von sieben weiblichen und sechs männlichen Graupapageien unter Volierenbedingungen. Ich beobachtete das Verhalten der Tiere in unterschiedlichen Situationen und kam zu dem Schluss, dass eine nicht-lineare Dominanzhierarchie vorliegt. Es gab also weder einen absoluten Chef noch ein von allen unterdrücktes Tier. Jeder Vogel konnte in Konflikten einige seiner Artgenossen besiegen und war aber auch einigen anderen unterlegen. Generell konnte ich allerdings feststellen, dass Männchen in Auseinandersetzungen eher Gewinner waren und mehr Tiere dominieren konnten als Weibchen. Weiters schienen sich auch die jüngeren Individuen besser durchzusetzen als die älteren Vögel.
Freundlichkeit bringt Vorteile
Ein vermehrter Austausch von Freundlichkeiten mit anderen Gruppenmitgliedern wirkte sich ebenfalls positiv auf den Rang in der Hierarchie aus. In den täglichen Futtersituationen beeinflusste vor allem das Geschlecht den Zugang zur Nahrung. Männchen waren meist vor Weibchen beim Futter und konnten auch länger fressen. Anders in einem Experiment, in dem die Tiere einen nur ihnen zur Verfügung gestellten Leckerbissen (eine Ölfrucht) gegen die übrigen Gruppenmitglieder verteidigen mussten. Hier waren vor allem soziale Bindungen bedeutend für den Erfolg.
Eine friedliche Gruppe
Mehrmals pro Woche sammelte ich von jedem Individuum Kotproben und bestimmte daraus die Hormone Corticosteron und Testosteron. Corticosteron wird vermehrt in Stresssituationen ausgeschüttet, Testosteron ist ein Sexualhormon und lässt Rückschlüsse auf die Aktivität der Gonaden zu. Weibliche Papageien mit niedrigem sozialen Status zeigten eine erhöhte Stressbelastung, bei männlichen Tieren mit hohem sozialen Status stellte ich eine erhöhte Testosteronsekretion fest. Allgemein lässt sich jedoch sagen, dass Stressausmaß und Aggressionslevel in der beobachteten Graupapageiengruppe sehr niedrig waren und die Tiere in Harmonie und Frieden lebten.
Der Abschied fiel schwer
Der Abschied von meinen grauen Lieblingen im Juni dieses Jahres ist mir sehr schwer gefallen. Auch Jakobine dürfte bei der allerletzten Fütterung gespürt haben, dass wir uns für lange Zeit nicht mehr sehen werden. Nachdem sie mir wie immer bei der Futterzubereitung Gesellschaft geleistet hatte, wollte sie nicht zurück in die Voliere. Erst nach einer halben Stunde Streicheleinheiten ließ sie sich zu ihren Mitbewohnern zurückbringen.“
Wir von der Arge Papageienschutz gratulieren Frau Mag. Woppel zur Erlangung des akademischen Grades „Magistra der Naturwissenschaften“ und danken für die liebevolle Betreuung unserer grauen Schützlinge.
Aggressives Verhalten bei Papageien, die in menschlicher Obhut gehalten werden, kann oft zum Problem werden, zumal gerade große Arten wie Amazonen, Kakadus oder Aras über eine erhebliche Schnabelkraft verfügen und äußerst wehrhaft sind.
In der Natur handelt es sich bei aggressiven Verhaltensmustern fast immer um normale, durchaus sinnvolle Strategien. In Gefangenschaft ist aggressives Verhalten oft die Folge falscher Haltungs- und Zuchtbedingungen oder die direkte Antwort auf menschliches Fehlverhalten.
Von Papageienhaltern wird Aggression oft unüberlegt als psychopatisch oder krankhaft bewertet. Dabei bestehen in der Verhaltensforschung durchaus Schwierigkeiten der Abgrenzung zwischen einer psychischen Störung und dem Normalverhalten. Die folgenden Ausführungen basieren zu einem großen Teil auf Werner Lantermann (Verhaltensstörungen bei Papageien, 1998) und auf Erfahrungen der Arge Papageienschutz. Lantermann beschreibt vier Formen aggressiven Verhaltens, auf die in diesem Beitrag näher eingegangen werden soll:
1. Artspezifisches Aggressionsverhalten
Diese Form der Aggression umfasst wichtige Verhaltensabläufe im normalen Verhaltensrepertoire, wie etwa die Verteidigung von Revier, Nistplatz, Futter oder des Partners, wobei es oft nur zu einem Droh- und Imponiergehabe kommt. Bei in Gefangenschaft gehaltenen Papageienpaaren kann dies dazu führen, dass mit dem Einsetzen der Brutzeit vor allem die Männchen gegenüber anderen Männchen, aber auch gegenüber dem Pfleger aggressiv werden.
Kakadu-Männchen töten ihre Weibchen
Manchmal richtet sich die Aggression auch gegen Weibchen, die dann durch Demutsgesten zu beschwichtigen versuchen. Bei Kakadumännchen scheinen diese Demutsgesten oft nicht zu wirken. Besonders bei Gelbhauben- und Molukkenkakadus kommt es oft vor, dass sie ihre Weibchen in diesen aggressiven Phasen töten. Oft ist die Brutstimmung (wahrscheinlich bedingt durch die unnatürliche Lebensweise) der Kakadupartner nicht synchron, das Männchen kommt meist schon früher in Brutstimmung und hetzt dann sein Weibchen – mitunter zu Tode. Hier ist größte Vorsicht geboten. Sobald vom Halter aggressive Tendenzen bei Kakadus festgestellt werden, müssen die Tiere – zumindest kurzfristig – getrennt werden, da das Weibchen ernsthaft in Gefahr ist. Dies gilt genauso für Pärchen, die seit mehreren Jahren harmonisch zusammenleben oder sogar schon gebrütet haben. Schon ein gezielter Schnabelhieb genügt, um den Partner zu töten oder so schwer zu verletzen, dass er nur mehr von seinen Leiden erlöst werden kann (z.B. ausgerissene Schnäbel, ausgehackte Augen).
Schutzkleidung erforderlich
Amazonen (und hier v.a. die Männchen) attackieren ihre Pfleger besonders häufig, sodass die Voliere nur mehr mit Schutzkleidung betreten werden kann. Trotzdem haben wir es hier mit völlig normalem Verhalten zu tun, da es ja zur Verteidigung des Reviers und der Brut dient. Die Weibchen sind in der Regel viel weniger aggressiv, zumeist nur bei der eigentlichen Jungenaufzucht.
Festlegung der Rangordnung
Artspezifisches Aggressionsverhalten spielt auch bei der Festlegung einer Rangordnung eine bedeutende Rolle – und dies geschieht natürlich auch bei der Vergesellschaftung von zwei oder mehreren Vögeln. Meistens sind Rangordnungskämpfe ritualisiert, es wird gedroht, es kommt zu Scheinangriffen, Demutsgesten und zur Flucht des unterlegenen Tieres. Körperliche Schäden sind eher die Ausnahme und auf beengte Haltungsbedingungen zurückzuführen. Viele Vergesellschaftungen sind schon daran gescheitert, dass sich der Mensch in die Phase der Rangordnungsfestlegung eingemischt hat.
2. Dominanzaggression gegenüber Artgenossen
Ist die Rangordnung einmal festgelegt, kommt es zu einem ganz normalen Dominanzverhalten innerhalb der Gemeinschaft. In Gefangenschaft, bei begrenzten Ausweichmöglichkeiten oder zu wenig Futterplätzen, kann dies durchaus zu massiven sozialen Stresssituationen oder Verletzungen führen, wenn das rangniedrigere Tier zum Beispiel ständig von der Futterstelle verdrängt, in den Ruhephasen gestört oder bis zur Erschöpfung durch die Voliere gejagt wird. In solchen Fällen müssen entweder die Haltungsbedingungen geändert (auch Langeweile kann zu übersteigertem Dominanzverhalten führen!) oder die betreffenden Vögel getrennt werden.
3. Aggression gegenüber Jungvögeln
Dieses Verhalten zeigen vor allem Männchen, indem sie die selbständig gewordenen Jungtiere aus ihrem eigenen (Brut)revier vertreiben. So werden Nahrungsressourcen gesichert und die Jungen über einen geeigneten Lebensraum verteilt, um die Fortpflanzungsgemeinschaft zu erhalten. In Gefangenschaft, bei fehlenden Ausweichmöglichkeiten für die Jungen, muss der Mensch die Trennung zwischen Alt- und Jungvögeln übernehmen, sonst kann es bis hin zu tödlichen Verletzungen der Jungen kommen. Die Gefahr ist dann besonders groß, wenn der Nistkasten nach Flügge werden der Jungen nicht entfernt wird und die Elterntiere sofort wieder in Brutstimmung kommen.
4. Dominanzaggression gegenüber dem Pfleger
Gerade bei einzeln gehaltenen Papageien kommt es natürlich auch zur Ausbildung einer Rangordnung zwischen dem Vogel, seiner Bezugsperson und anderen Familienmitgliedern. Zu Problemen führt dies oft erst mit dem Einsetzen der Geschlechtsreife des Vogels: Der Pfleger wird als Partner betrachtet und alle anderen Personen werden so zwangsläufig zu Rivalen, die im harmlosesten Fall nur misstrauisch beobachtet oder bedroht werden. Es kann aber so weit kommen, dass jede andere Person sofort attackiert und auch gebissen wird.
Wenn Amazonen attackieren
Besonders „besitzergreifend“ sind Amazonen, aber auch Mohrenkopfpapageien, wobei handaufgezogene Vögel aufgrund ihrer fehlenden angeborenen Scheu vor dem Menschen extrem aggressiv werden können. Zudem birgt eine „Ehe“ zwischen Mensch und Vogel für den Vogel ständige Frustration, da es nie zu einer Paarung kommen kann, so sehr sich der Papagei auch bemüht. Welcher Besitzer eines zahmen, einzeln gehaltenen Papageien kennt das unermüdliche Werben um seine Person nicht? Der aufgestaute Frust des Vogels kann jedoch in Aggression umschlagen, die dann gegen den menschlichen Partner gerichtet wird. Dies kann plötzlich und ohne Vorwarnung geschehen und wird vom Papageienbesitzer in der Regel aus Unwissenheit überhaupt nicht verstanden.
Auch Tiere brauchen Distanz
Beim Aggressionsverhalten gegenüber Menschen darf auch der Begriff der „Individualdistanz“ nicht unerwähnt bleiben. Jedes Tier beansprucht einen gewissen Raum für sich, in dem es ungestört fressen, schlafen oder einfach nur in Ruhe gelassen werden möchte. Wird diese Distanz ständig unterschritten, und sei es nur, um etwa dauernd andere Leckerbissen zu reichen, kann es nach anfänglichem Drohen (rasche Pupillenveränderungen, Federspreizen, „knurren“) auch zum Beißangriff kommen. Im Normalfall zieht sich der Mensch dann natürlich, zumindest für kurze Zeit zurück, um später einen neuerlichen Annäherungsversuch zu starten. Wiederholt sich dieses Spiel oft genug, lernt der Vogel (biol: Lernen durch Erfolg), dass er Menschen durch aggressives Verhalten auf Distanz halten kann.
Zusammenfassend kann also festgehalten werden, dass der Ursprung von Aggressivität fast immer in natürlichen Verhaltensweisen zu finden ist und von uns Menschen in der Regel fehlgedeutet wird. Diese für uns unangenehme und „verrückt“ wirkenden Verhaltensweisen zeigen uns auch, dass wir es bei Papageien immer noch mit Wildvögeln und nicht mit domestizierten Haustieren zu tun haben.