Die Papageienhaltung hat in den letzten Jahren einen umfassenden Wandel erfahren. Von der Einzel-, zur Paar- und Gruppenhaltung, vom Käfig zur Voliere. Doch wo soll die Voliere stehen, welches Material soll verwendet werden und wie soll ein Schutzraum aussehen? Häufig gestellte Fragen, die wir hier beantworten wollen.
Ein paar Überlegungen vorab
Das Wort „Voliere“ kommt vom französischen „voler“ – übersetzt: fliegen. Eine Voliere ist also ein Fluggehege, das zumindest so groß ist, dass die darin lebenden Vögel ein paar Flügelschläge machen können. Daraus ergibt sich, dass die Bezeichnung „Zimmervoliere“ für handelsübliche (teils fahrbare) Käfige, wenn auch unter diesem Namen zum Verkauf angeboten, keinesfalls richtig sein kann.
Das bundeseinheitliche Tierschutzgesetz schreibt seit 1.1.2005 Mindestmaße für die Unterbringung von Papageien vor. Sie reichen von einem knappen halben Quadratmeter für ein Paar Wellensittiche bis zu 15m2 für ein Paar große Aras. Dazwischen liegen etwa die Graupapageien und Amazonen mit mindestens 6m2 pro Paar oder etwa die Großsittiche mit 8m2 pro Paar. „Mindestmaß“ bedeutet in diesem Zusammenhang, dass alles, was kleiner ist, unter den Tatbestand „Tierquälerei“ fällt und als solche geahndet wird. Wenn wir unsere Gefiederten also tiergerecht halten möchten, so müssen wir über dieses Mindestmaß hinausdenken und -bauen!
Die Platzmöglichkeiten entscheiden
Und hier beginnen oft die Probleme: 10 bis 12m2 – das entspricht schon einem kleineren Zimmer. Wer jedoch in einer Wohnung wohnt, die nur 50m2 oder weniger misst, tut sich meist schwer, einen doch relativ großen Anteil davon für zwei Papageien bereitzustellen. Dies darf jedoch nicht dazu verleiten, die anspruchsvollen Vögel nach alt bekannter Käfigmethode zu halten. Denn abgesehen von den gesetzlichen Bestimmungen sollte man Tierhaltung immer im Be- streben betreiben, den ohnehin gefangenen Mitgeschöpfen die bestmöglichen und nach den neuesten Erkenntnissen artgerechtesten Bedingungen zu bieten. Wer das nicht kann, sollte den Tieren zuliebe auf deren Haltung verzichten oder auf solche Tierarten „umsteigen“, deren Bedürfnisse er oder sie ohne Zähneknirschen erfüllen kann.
Der Trugschluss von der „freien Haltung in der Wohnung“
Oft kontaktieren uns PapageienhalterInnen, die ihren Vogel vergesellschaften möchten. Doch von Volierenbau wollen sie vorerst nichts wissen: „Wir brauchen keine Voliere – unser Vogel ist immer frei in der Wohnung“. Bei genauer Befragung wird die Relativität des Wortes „immer“ deut lich: „immer, wenn wir zuhause sind“ (bei ganztägig berufstätigen Personen), „immer, wenn wir Zeit haben“ (ca. 2-3 Stunden pro Woche), „immer am Wochenende“ usw. In einer Ecke steht zwar ein mehr oder weniger kleiner Papageienkäfig, doch „dort schläft er nur“. Nehmen wir den seltenen Fall an, dass „immer“ wirklich immer ist. Was bedeutet das in der Praxis? Der Großteil des Raumes, in dem der Vogel lebt, ist für den Menschen eingerichtet – Möbel können nur bedingt von Papageien genutzt werden (das Innere von Schränken z.B. als Höhle). Nur der Papageienkäfig wurde eigens für den Vogel angeschafft, doch dieser stellt aufgrund seiner geringen Dimension keinen adäquaten Lebensraum dar. Türen und Kästen können als Sitzplätze fungieren, sie werden dann meist auch angenagt, was nur den wenigsten TierhalterInnen gefällt. In jedem Raum lauern Gefahren auf die Tiere, vor allem wenn sie nicht beaufsichtigt werden, das sind z.B.: Steckdosen, Kabel, herumliegende Gegenstände wie Bürsten, Cremes, Medikamente, Gläser und Flaschen.
Dazu kommt, dass sich so manches ändert, wenn die Papageien dann im Paar unterwegs sind. Die Zerstörung wird massiver, ebenso die Verschmutzung. Sobald die Papageien in Brutstimmung kommen, verteidigen sie ihr Revier, das dann durchaus ein ganzes Zimmer umfassen kann. Es wird also bei genauerer Betrachtung klar: Der Aufenthaltsraum eines Menschen ist kein geeigneter Lebensraum für Papageien, wenn auch gleichzeitig nichts dagegen spricht, dass sich die Vögel stundenweise und beaufsichtigt frei in Wohnung und Haus bewegen. Dies ist sogar für ihren Bewegungsbedarf ganz erheblich wichtig.
Tiergerechte Unterbringungsmöglichkeiten
Tiergerechte Papageienhaltung geht also mit einer eigenen Unterbringung für Papageien einher. Dafür gibt es mehrere Möglichkeiten:
- Zimmervoliere
- Zusätzlich eine Gartenvoliere
- Gartenvoliere mit beheizbarem Schutzraum (ganzjährig nutzbar)
- Vogelzimmer
Doch vorab noch ein paar Worte zu den verwendbaren Materialien:
Gitter: Bis zur Größe von Graupapageien oder Amazonen kann problemlos verzinktes Rollengitter verwendet werden. Dieses ist bis zu einer Gitterstärke von ca. 1,9mm auf Rollen zu 25m erhältlich (oft auch als Meterware). Die Maschenweite ergibt sich ebenfalls aus der Vogelgröße und wird sich zwischen 10x10mm für sehr kleine Vögel bis zu 25x50mm für z.B. Graupapageien belaufen. Für große Vögel mit starken Schnäbeln (Kakadus, Aras) empfiehlt sich die Verwendung von Gittermatten, also starken (ca. 3mm) Gittern. Diese sind teurer und schwieriger zu verarbeiten als Rollengitter.
Rahmen: Hierfür stehen drei Materialien zur Verfügung: Holz, Aluminium und Stahl. In dieser Aufzählrichtung verläuft auch die Stabilität und Haltbarkeit. Holz wird am schnellsten renovierungsbedürftig sein, es wird angenagt, im Freien ist es der Witterung ausgesetzt und wenn einmal eine ansteckende Krankheit auftritt, ist es praktisch nicht zu desinfizieren. Doch Holz hat auch viele Vorteile: Es ist günstig und leicht zu bearbeiten. Spezialkonstruktionen sind ohne größeren Aufwand machbar. Nicht zuletzt sieht es natürlich und freundlich aus. Bei starken Nager, wie Graupapageien, ist es nicht zu empfehlen, außer man schützt die Holzrahmen innen mit Aluminiumwinkeln.
Aluminium wird gerne für Innenvolieren, für Gittertüren und Raumabteilungen verwendet. Es kann mit speziellen Steckelementen (im Spezialhandel erhältlich) verbunden werden.
Auf den so entstandenen Rahmen wird dann das Rollengitter mit Nieten (Nietenzange nötig!) montiert. Aluminiumrahmen wirken immer zart und unaufdringlich, für Wohnräume empfiehlt es sich, die Alustangen (ca. 20x20mm Formrohr) vorab eloxieren zu lassen. Dies verhindert das Entstehen grauer Schlieren. Für Gittermatten sind diese Aluminiumrohre zu fragil, man müsste daher entweder stabileres, teureres Formrohr verwenden oder gleich auf Stahl umsteigen. Stahl muss aber geschweißt werden, weshalb es für den Hobbybastler ohne Schweißgerät nicht in Frage kommt. Zusätzlich muss es anschließend noch verzinkt, oder besser pulverbeschichtet werden. Denn Zink hat seine Tücken: Während Rollengitter meist ohne giftige Zinkrückstände im Handel erhältlich ist, findet man sowohl bei Gittermatten als auch bei verzinkten Rahmen soge- nannte „Zinknasen“, das sind kleine Zinkrückstände in den Winkeln. Sie können von den Papageien abgenagt und verschluckt werden, was zu Zinkvergiftungen führt.
Aus Edelstahl (Nirosta) können optisch ansprechende und sehr dauerhafte Volieren konstruiert werden, jedoch findet dieses edle Material aufgrund des hohen Preises kaum Verwendung. Man sieht also schon: Es ist doch eine kleine Wissenschaft, die sich hinter dem Volierenbau verbirgt.
Wenden wir uns nun den verschiedenen Unterbringungsmöglichkeiten zu:
Die Zimmervoliere
Die meisten Menschen entscheiden sich (zunächst) für eine Zimmervoliere, wobei oft ein Zimmereck oder -bereich durch Gitter vom Rest des Raumes abgetrennt wird und durch eine Gittertüre zu betreten ist. Bei angriffslustigen Papageien empfiehlt sich auch hier die Einrichtung einer Schleuse oder Abtrennmöglichkeit (damit man Pflegemaßnahmen vornehmen kann, ohne attackiert zu werden). Vorteile: Einfache Befestigungsmöglichkeit für Strukturen (Äste, Seile) sowie Klettermöglichkeit für Papageien am Gitter. Nachteil: Erfüllt oft nicht die ästhetischen Ansprüche der Tierhalter. Kosten: sehr unterschiedlich, z.B. 6m2 im Eigenbau ca. Euro 500,– bei Kauf bzw. Anfertigung zwischen 1.000,– und 2.000,– Euro (auch von der Ausführung abhängig). Der Eigenbau ist nur versierten Personen zu empfehlen.
Beispiele für ungeeignete Plätze für die Errichtung einer Zimmervoliere:
- Dachschrägen und andere schräge Nischen z.B. unter Stiegenaufgängen (Vögel nutzen fast nur die höchsten Stellen, schräge Bereiche dürfen wegen zu geringer Höhe nicht in die Grundfläche miteingerechnet werden)
- Fensterlose Räume
- Balkone (bedingt: Achtung Temperatur!)
- Kellerräume
- Räume, in denen geraucht wird
- Räume, die dem Tag-Nacht-Rhythmus der Tiere nicht gerecht werden (Lärm, Licht, Fernseher bis spät nachts)
- Eingangsbereiche (Zugluft)
- Schlaf- & Arbeitszimmer (Achtung: Computergeräusche, Federstaub, Tag-Nacht-Rhythmus).
Die Sommer-Gartenvoliere
Der Aufenthalt von Papageien im Freien fördert deren Gesundheit und Lebensqualität enorm. In einer ausreichend dimensionierten Voliere können die Papageien zumindest ein Stück fliegen, sind dem lebenswichtigem UV-Licht ausgesetzt und können im Regen duschen bzw. sich von einer Beregnungsanlage besprühen lassen. Sie sind den ganzen Tag mit Geräuschen und Geschehnissen der Natur konfrontiert und erleben natürliche Temperaturschwankungen, vor allem jene zwischen Tag und Nacht. Der Aufenthalt im Freien bringt stumpfes Gefieder wieder zum Leuchten, die Vögel werden fitter, die Verschmutzung der Wohnung fällt weg, etc. Die vielen Vorteile einer Gartenvoliere wiegen die wenigen Nachteile bei weitem auf, so etwa die Gefahr der Übertragung von Krankheiten durch Wildvögel (sehr selten!).
Anderen Gefahren, wie der Verletzung oder Tötung der Vögel durch Marder, streunende Katzen, Greifvögel oder der Ausbruchsgefahr, ist durch gezielte Maßnahmen beizukommen (z.B. Schleusen, Marderabwehr, konsequentes Übernachten im Schutzraum, doppelte Vergitterung).
Äußerst selten werden Hagel, Blitzschlag oder etwa Diebstahl zum Problem, während die Lärmemissionen, die von den Papageien ausgehen, oft unüberwindbare Hürden (Beschwerden der Nachbarn) darstellen.
Die ganzjährig benutzbare Gartenvoliere mit beheizbarem Schutzraum
Diese Haltungsform entspricht im Wesentlichen einem „tiergartenbiologischen Zugang“. Dennoch hat sie nicht nur Vorteile. Zahme Papageien genießen auch dann die Gesellschaft des Menschen, wenn sie einen Partner haben. Sie brauchen Abwechslung und wollen am Familienleben teilnehmen. Während der Sommerzeit, wenn sich die Menschen häufig im Garten aufhalten, ist dies kein Problem, aber im Winter reduziert sich der Kontakt auf die notwendigen Fütterungs- und Pflegemaßnahmen. Das ist für zahme, intelligente Vögel zu wenig.
Bei der Schwarmhaltung von Wellensittichen, Nymphensittichen, Agaporniden und Graupapageien ist gegen diese Form der Haltung nichts einzuwenden, vorausgesetzt, auch die Innenräume sind geräumig, hell und gut strukturiert. Unsere Erfahrungen bei der Haltung von Graupapageien haben gezeigt, dass es vereinzelt Vögel gibt, die in der Gruppe nicht so gut zurecht kommen, auch wenn sie erfolgreich verpaart sind. Solche Vögel werden von der Arge Papageienschutz gezielt auf Privatplätze „mit Familienanschluss“ vermittelt.
Temperaturmanagement und Schädlingsbekämpfung (Mäuse siedeln sich in Dämmungen von Schutzräumen aus Holz an) werden oft zur Herausforderung, daher sollten ganzjährig genutzte Gartenvolieren einen gemauerten Schutzraum haben.
Häufige Fehler beim Bau von Gartenvolieren:
- Schutzraum zu klein, falsch dimensioniert
- Schutzraum niedriger als Außenvoliere – Vögel wollen abends nicht hinein gehen, da sie den höchsten Platz zum Schlafen suchen.
- Fehlen von Schleusen – Gefahr des Entweichens
- Statt eines geeigneten Ortes wird ein „toter Winkel“ gewählt, in dem sich Papageien nicht wohl fühlen.
- Außenvoliere zu niedrig – entspricht nicht dem Sicherheitsbedürfnis der Tiere.
- Falsche Himmelsausrichtung – z.B. nur nordseitig
- Fehlende Strukturierung und Beschattung (Größe ist nicht alles)
- Betonierung eines durchgehenden Fundaments – macht die Voliere zur Betonwüste.
- Verwendung der falschen Gitterdimension (zu groß, zu klein)
Das Vogelzimmer:
Es handelt sich hierbei um einen gesamten Raum, der für die Vögel adaptiert und anschließend nur von ihnen genutzt wird.
Vorteile: Grundfläche meist größer als bei VolierenGesamthöhe höher als bei Volieren Gesundes Raumklima kann geschaffen werden (kein Zigarettenrauch, Luftfeuchtigkeit). Natürlicher Tag-Nacht-Rhythmus kann eingehalten werden. Verschmutzung ist auf den Raum konzentriert, ebenso Federstaub (Allergiker!)
Nachteile (und ihre Vermeidung):
- Gitter zum Klettern fehlen meist – daher: Gitterelemente an der Decke und zumindest einer Wand montieren.
- Die Vögel sind isoliert (geschlossene Türe, „Dachstüberl“) – daher: Gittertüre einbauen, Kletterbaum im Wohnzimmer errichten und Vögel stundenweise am Familienleben teilhaben lassen, in Abwesenheit Radiomusik (mit Zeitschaltuhr).
Es zeigt sich, dass sich die moderne und tiergerechte Papageienhaltung doch wesentlich von der traditionellen Käfighaltung unterscheidet. Während früher die Bedürfnisse des Menschen im Vordergrund standen, wissen wir heute, dass auch Papageien „spezielle Anforderungen an die Haltung“ haben, deren Missachtung zu körperlichen Schäden und psychischem Leiden der uns anvertrauten Tiere führt. Welche(r) TierliebhaberIn würde nun wider besseren Wissens an den alten Traditionen – auf Kosten der Tiere – festhalten?