Vergesellschaftung – Der lange Weg zur Zweisamkeit

Papageien sind hochsoziale Vögel. In der Natur gehen sie – meist lebenslange – Partnerschaften ein und leben in Familiengruppen oder Schwärmen. Das bundeseinheitliche Tierschutzgesetz (seit 1.1.2005 in Kraft) trägt diesem Umstand Rechnung, indem es die Einzelhaltung von Papageien verbietet. Die Praxis sieht jedoch anders aus: Immer noch werden unzählige Papageien einzeln gehalten.

Fragt man nach, ist man mit wiederkehrenden Befürchtungen und Vorurteilen im Hinblick auf eine artgerechte Verpaarung konfrontiert. Damit nicht erst eine Anzeige die Vergesellschaftung erzwingt, sondern die PapageienhalterInnen ihrem Gefiederten freiwillig eine Partnerschaft ermöglichen, wollen wir die häufigsten Fragen, die sich in diesem Zusammenhang ergeben, in diesem Beitrag beantworten. Diese sind:

  • Wird mein Papagei noch einen Partner akzeptieren?
  • Woher bekomme ich einen Partnervogel?
  • Wie vergesellschaftet man Papageien?
  • Wie lange dauert die Vergesellschaftung?
  • Was mache ich, wenn die Vögel nicht harmonieren?
  • Wie funktioniert die Partnervermittlung der Arge Papageienschutz und welche Kosten kommen auf mich zu?
  • Welche Veränderungen bedeutet das für mich und meine Familie?

Wird mein Papagei noch einen Partner akzeptieren?

Die wohl wichtigste Erkenntnis in diesem Zusammenhang ist, dass, im Gegensatz zur gängigen Meinung, das biologische Alter und die Dauer der Einzelhaltung für eine Vergesellschaftung praktisch nicht ausschlaggebend sind.

Die Praxis zeigt, dass vielmehr die Prägung und individuelle Sympathie sowie ferner der Gesundheitszustand der Tiere und das Verhalten der Pfleger für Erfolg oder Misserfolg eines Verpaarungsversuches verantwortlich sind. So ist ein per Hand aufgezogener, auf den Menschen (und daher fehl) geprägter zweijähriger Papagei meist schwieriger zu verpaaren, als ein 30jähriger „Robinson Crusoe“, der noch von seinen Vogeleltern sozialisiert wurde.

Woher bekomme ich einen Partnervogel?

Grundsätzlich gibt es mehrere Möglichkeiten, zu einem Partnervogel zu gelangen. Der Kauf eines Vogels im Zoohandel oder beim Züchter wird aus mehreren Gründen von Seiten des Papageienschutzes nicht empfohlen: Die Tiere sind in der Regel teuer, die Herkunft und damit Legalität der Tiere oft ungewiss, ebenso der Gesundheitszustand und eine – eventuell pro- blematische – Vorgeschichte. Das Geschlecht des Vogels wird oft nur vermutet, eine Rückgabe bei Misslingen des Vergesellschaftungsversuchs ist meist nicht möglich. Die Gefahr, ein per Hand aufgezogenes, fehlgeprägtes Tier zu erwerben, ist relativ groß. Außerdem sind mehr Jungtiere als geschlechtsreife Vögel im Handel. Nicht zuletzt wird mit dieser Form der Anschaffung der Handel von Papageien gefördert, was nicht im Sinne des Tier- und Artenschutzes sein kann.

Empfehlenswerter ist daher die Anschaffung eines so genannten „second hand“ Papageis. Die Vermittlung solcher Tiere war die Geburtsstunde der Arge Papageienschutz. Es gibt immer Menschen, die sich aus verschiedenen Gründen von ihrem Papagei trennen möchten oder müssen. Auf der anderen Seite stehen jene, die gerne ein Partnertier aufnehmen möchten. Seit 1995 betreibt die Arge Papageienschutz schwerpunktmäßig die Vermittlung solcher Tiere, die als „Partnervermittlung für Papageien“ bekannt wurde. Die Vorteile liegen auf der Hand:

  • Die zu vermittelnden Tiere sind untersucht und ihr Geschlecht ist bekannt.
  • Der Handel wird nicht gefördert.
  • Es können so viele Versuche wie nötig durchgeführt werden, nicht harmonierende Tiere werden ausgetauscht, bis es klappt.
  • Es können Tiere ähnlichen Alters zusammengeführt werden.
  • Die PapageienhalterInnen bekommen jede notwendige Information und Hilfe zur Vergesellschaftung und zur tiergerechten Haltung.
  • Die Kosten sind wesentlich geringer als beim Kauf.
  • Die Vorgeschichte und das individuelle Verhalten der Vögel sind zumeist bekannt, der Besitzer weiß, worauf er sich einlässt.

Wie vergesellschaftet man Papageien?

Zu den wichtigsten Voraussetzungen für das Gelingen der Zusammenführung von Papageien gehören:

  • nur artgleiche, gesunde, gegengeschlechtliche Vögel ähnlichen Alters zusammenbringen
  • neutralen Ort (zumindest neue Voliere) wählen und
  • möglichst wenig Einflussnahme der Pflegepersonen.

Das Geschlecht der Tiere soll also vorab mittels DNA-Analyse (Feder oder Blut) oder mittels Endoskopie bestimmt werden. Bei Schwarmvögeln wie Wellensittichen, Nymphensittichen, Agaporniden und Graupapageien ist die Geschlechtsbestimmung dann nicht unbedingt nötig, wenn die Tiere freie Partnerwahl in einer Gruppe haben. Hier besteht auch die Möglichkeit, dass sich gleichgeschlechtliche (meist männliche) Tiere finden.

Ein neutraler Ort zur Vergesellschaftung, wie z.B. in unseren Papageienheimen, eignet sich dafür am besten, und zwar aus folgenden Gründen:

  • Es gibt kein Revier, keinen Heimvorteil, beide Vögel haben die gleiche Ausgangsposition.
  • Die Unterbringung ist ausreichend groß, die Tiere fühlen sich nicht beengt.
  • Die Pflegepersonen sind den Vögeln nicht bekannt, es entstehen kein Loyalitätskonflikt und keine Eifersucht unter den Tieren.
  • Die Pflegepersonen mischen sich nicht in das Leben der Papageien ein.
  • Das Verhalten der Vögel und in der Regel auch der Gesundheitszustand können von versierten Pflegern besser beurteilt werden.
  • Die Beurteilung, ob die Vögel harmonieren oder nicht, ist objektiv und nicht von persönlichen Vorlieben und Interpretationen geleitet.

Bei „privaten“ Vergesellschaftungversuchen treten oft folgende Probleme auf:

  • zu starke Einflussnahme (besonders bei zahmen Vögeln),
  • Fehlinterpretation des Vogelverhaltens,
  • Missdeutung des Erfolgs eines Versuches aufgrund persönlicher Sympathie oder Antipathie für ein Tier (ein zahmer, sprechender Vogel wird nicht mehr gerne hergegeben).

Findet die Vergesellschaftung dennoch bei den PapageienhalterInnen statt, so sollte zumindest eine neue Voliere vorhanden und die Besitzer gut über die Vorgangsweise informiert sein. Diese Informationen erhalten die Tierbesitzer von der Arge Papageienschutz im Zuge eines Hausbesuches, bei dem auch die anderen Aspekte der Haltung wie Ernährung, Unterbringung und Beschäftigung, besprochen werden.

Wie lange dauert die Vergesellschaftung?

Einmal abgesehen von der „Liebe auf den ersten Blick“, die es durchaus gibt (schätzungsweise 5% der Versuche), kann es zwischen ein paar Tagen und einigen Monaten dauern, bis feststeht, ob ein Paar harmoniert oder nicht. Im Durchschnitt erfolgt die Paarfindung innerhalb von 8-10 Wochen.

Eindeutige Zeichen für eine erfolgreiche Verpaarung sind:

  • ein- oder gegenseitiges Füttern und / oder Kraulen,
  • Schnäbeln,
  • eng nebeneinander Sitzen,
  • aus einer Schüssel Fressen,
  • gemeinsame Verteidigung eines (kleinen) Reviers,
  • Balz- und Kopulationsverhalten.

Nach dem ersten Beobachten solcher Verhaltensweisen sollte jedoch noch mindestens zwei bis drei Wochen zugewartet werden, da sich manche Paare auch wieder trennen (besonders gleichgeschlechtliche). „Trennungen“ gibt es auch nach mehreren Jahren, v.a. dann, wenn die Tiere bei der Zusammenführung noch nicht geschlechtsreif waren. Trennungen erwachsener Vögel sind uns nur aus Fällen bekannt, bei denen privat vergesellschaftet wurde. Hier stellt sich jedoch die Frage, ob die Vögel jemals wirklich verpaart waren. Bei Schwarmvögeln konnten wir auch Dreierbeziehungen sowie lockere Partnerschaften feststellen, in denen Seitensprünge, oder besser „Seitenflüge“, eine Rolle spielen.

Was mache ich, wenn die Vögel nicht harmonieren?

Falls die Vögel nicht harmonieren, bleibt nur der neuerliche Versuch. Beim ersten Versuch lassen sich soziale Verhaltensweisen wie Dominanzverhalten feststellen. Darauf kann dann beim nächsten Versuch Rücksicht genommen werden.

Es macht keinen Sinn, zwei Vögel zusammen zu lassen, wenn sie nicht harmonieren, auch, wenn sich dies nicht durch aggressives Verhalten zeigt. Papageien, die nebeneinander her leben sind wie zwei Einzelvögel zu betrachten. Disharmonie kann nach einiger Zeit auch zu Stress und damit zu Federrupfen oder Aggression führen.

Die Möglichkeit, Vögel öfter auszutauschen, hat in der Regel nur eine Institution wie die Arge Papageienschutz; auf privater Basis ist dies kaum möglich.

Wie funktioniert die Partnervermittlung der Arge Papageienschutz und welche Kosten kommen auf mich zu?

Wenn Papageienhaltung tiergerecht betrieben wird, ist sie nicht gerade billig. Dies betrifft zunächst die Errichtung einer adäquaten Voliere. Die Kosten der Anschaffung der Tiere sind natürlich von der Quelle abhängig: Am teuersten werden Papageien in Zootierhandlungen gehandelt, an zweiter Stelle stehen meist die Züchter, an dritter die private Beschaffung über Inserate und an vierter die Aufnahme von Papageien über Tierschutzvereine wie die Arge Papageienschutz, auf die in der Folge näher eingegangen wird. Wer einen oder mehrere Großpapagei(en) über die Arge Papageienschutz aufnehmen möchte, muss mehrere Bedingungen erfüllen:

  1. Zunächst kontaktiert der/die BewerberIn den Verein telefonisch (bei der wöchentlichen Telefon beratung) oder per E-Mail. Ein ausführliches Gespräch informiert die BewerberIn über das Procedere inkl. entstehender Kosten.
  2. Der/Die BewerberIn erhält ein Infopaket per Post inkl. Fragebogen zur gegenwärtigen Situation der bereits gehaltenen Papageien.
  3. Als nächster Schritt wird (vorrangig in Wien und NÖ) ein Hausbesuch durchgeführt, bei dem der Platz besichtigt und über Volierenbau, Ernährung, Beschäftigung sowie die Vorgangsweise bei der Vergesellschaftung informiert wird. Im Zuge dessen kann auch abgeklärt werden, welche Chancen eine Vergesellschaftung in der gewohnten Umgebung hat.
    (Kosten in Wien: Euro 36,–, außerhalb Wiens mit Fahrtkostenbeteiligung)
  4. Die neue Voliere sollte, wenn nicht schon vorhanden, gebaut werden. Hierbei gibt es ebenfalls Hilfestellung durch den Verein. Wenn der/die TierhalterIn diese Voliere nicht vorab errichten kann, wird die Zusammenführung außer Haus durchgeführt oder, in Ausnahmefällen, ein zweiter Käfig für den Vergesellschaftungsversuch zur Verfügung gestellt. In jedem Fall aber unterschreibt der/die InteressentIn eine Erklärung, in der er/sie sich verpflichtet, den Partnervogel während der Zeit der Vergesellschaftung tiergerecht zu halten, bei Bedarf tierärztlich behandeln zu lassen und bei Misserfolg dem Verein wieder auszuhändigen. Außerdem verpflichtet er/sie sich, eine gesetzeskonforme Voliere unmittelbar nach geglückter Zusammenführung zu errichten. Da Tiere nur an Mitglieder vermittelt werden, ist die Mitgliedschaft für ein Jahr (Kosten: Euro 27,–) zu begleichen.
  5. Bei erfolgreicher Vergesellschaftung wird ein Schutzvertrag unterzeichnet, der dem/der neuen PapageienhalterIn alle Rechte und Pflichten eines Eigentümers einräumt, mit Ausnahme der Weitergabe des Vogels. Die neue BesitzerIn wird somit nicht EigentümerIn, sondern „EinstellerIn“, die Kosten sind nicht als Kaufbetrag sondern als Pflegekostenbeitrag und Tierarztkostenersatz zu betrachten (Kosten: einmalig, Anzahl der Versuche unerheblich, Euro 250,– für einen Großpapagei, Euro 400,– für ein Paar).

Die Beschreibung dieser Vorgangsweise mag kompliziert und langwierig wirken, sie hat sich jedoch schon allein aufgrund der Tatsache, dass Papageienhaltung meist eine Lebensentscheidung ist, sehr gut bewährt. Wem dieses Procedere zu umständlich ist, dem ist meist auch die Papageienhaltung zu aufwändig. Der länger dauernde Prozess gibt den PapageienhalterInnen zudem die Möglichkeit, sich auf die Veränderungen durch die Haltung von zwei oder mehr Papageien einzustellen.

Für kleine Papageien wie Agaporniden und kleine Sittiche ist dieses Procedere aus Kapazitätsgründen verkürzt. Die BewerberIn muss die Käfigmaße angeben und eventuell ein Foto senden. Die Tiere werden dann gegen eine freiwillige Spende vermittelt.

Welche Veränderungen bedeutet das für mich und meine Familie?

Die Veränderungen, die durch die Haltung von zwei anstatt einem Papagei entstehen, sind mitunter erheblich und vor allem von der gehaltenen Art abhängig.

Der wichtigste und zugleich schwierigste Schritt für die PapageienhalterInnen ist es, die Papageien als eigenständige Lebewesen mit einer Reihe von arteigenen Bedürfnissen zu akzeptieren, die jenen der Menschen nicht entsprechen müssen. Dies beginnt schon bei der Erkenntnis, dass diese Tiere viel Platz benötigen, der nicht aus Wohnzimmermöbeln sondern Kletterbäumen, Seilen, Schachteln und Schaukeln besteht. Der ehemalige „Schmusevogel“ schnäbelt von nun an vorwiegend mit seinem Vogelpartner. Aus dem „Unterhalter“ wird nun ein Tier, das unterhalten werden will – denn auch verpaarte Papageien brauchen Beschäftigung, so genanntes environmental enrichment, das nicht selten die BesitzerIn zum „Clown“ macht. Während das Zusammenleben mit einem Paar oder auch mehreren Graupapageien meist problemlos verläuft (kaum Aggression, erträgliche Lautstärke), sieht dies z.B. bei Amazonen und Kakadus ganz anders aus. Amazonen sind sehr territorial und gehen eine enge Paarbindung ein. Das Männchen empfindet die Annäherung des Menschen an „sein“ Weibchen als Bedrohung und greift oft an. Eine „freie“ Haltung in der Wohnung wird damit unmöglich, manchmal sogar das gefahrlose Betreten der Voliere. Hier wird den HalterInnen eine Menge an Selbstlosigkeit und Toleranz abverlangt, die nur wenige aufbringen können. Dazu kommt die enorme Lärmentwicklung, die nicht selten zu Problemen in der Nachbarschaft oder sogar in der eigenen Familie führt.

Ähnlich ist die Situation bei Kakadus, die meist noch stimmgewaltiger als Amazonen sind und zusätzlich aggressiv gegeneinander vorgehen können. Nicht selten kommt es vor, dass das Männchen sein Weibchen oder ein zweites Männchen schwer verletzt oder tötet, sodass man bei Kakadus an die Grenzen des Machbaren in der Heimtierhaltung stößt.

Die Haltung von Aras ist (zum Glück) weit weniger häufig, da, aufgrund des Platzbedarfs, in Neubauwohnungen mit einer Zimmerhöhe von ca. 2,5 Meter schon gar nicht mehr erlaubt. Abgesehen von der Lautstärke und des erwähnten Platzbedarfs ist jedoch der Umgang mit Aras meist einfacher als mit Amazonen und Kakadus. Lediglich die Vergesellschaftung ist mitunter etwas problematisch und sollte nur von Arakennern durchgeführt werden. Generell ist das Leben mit Papageien arbeitsintensiv (Heranschaffen von frischen Ästen, Spielzeug, Ernährung, Reinigung), laut und nicht billig (spezielle Ernährung, Tierarzt, Unterbringung). Erfahrungsgemäß kommen mit diesen Umständen nur jene Menschen gut zurecht, die sich eine tiergartenbiologischen Sichtweise aneignen. Die Arge Papageienschutz versucht daher, nach Maßgabe ihrer Möglichkeiten, mit den „Einstellern“ in Kontakt zu bleiben und durch regelmäßige Veranstaltungen wie Vorträge, Exkursionen und Besuchstage in den Heimen diesen tiergartenbiologischen Zugang zu forcieren.

Abschließend muss jedoch betont werden, dass uns in all den Jahren niemand begegnet ist, der den Schritt zur Vergesellschaftung seines Papageien bereut hätte. Jeder, der einmal gesehen hat, wie sein Papagei einen anderen gekrault hat oder von diesem gefüttert wurde und auf Tuchfühlung mit ihm die Nacht verbracht hat, versteht, warum der Mensch den Vogelpartner nie ersetzen kann, wenn er sich auch noch so bemüht.