Fettleibigkeit bei Papageien
Schnauft Ihr Papagei, wenn er kurze Strecken geflogen ist? Landet er auf dem Boden oder geht er gar nicht mehr aus dem Käfig? Haben Sie das Gefühl, Ihr Vogel sei „faul“ geworden, wirke aber sonst gesund?
Wenn ja, gehört vielleicht auch Ihr Sittich oder Papagei zu der immer größer werdenden Gruppe der übergewichtigen Stubenvögel.
Cholesterin – auch für Papageien ein Thema
Die Folgen unserer Wohlstandsgesellschaft machen auch vor unseren Haustieren nicht halt. Doch während bei Hunden und Katzen die Fettbäuche leicht sichtbar sind, verhält es sich beim Vogel wieder einmal etwas anders, wodurch Übergewicht oft erst sehr spät erkannt wird. Dann kann es für manche schon zu spät sein. Wenn die Organe bereits in Fett eingebettet sind, sinkt die Lebenserwartung drastisch. Die Folgen hoher Cholesterinwerte und der so genannten Fettleber zählen mittlerweile zu den häufigen Todesursachen.
Besonders betroffene Arten
Wellensittiche und Amazonen gelten als besonders gefährdet, ebenso Rosakakadus, Gelbbrustaras und Edelpapageien. In Australien haben frei fliegende Wellensittiche einen Depotfettanteil von nur 4 % – in Gefangenschaft kann dies auf 25 % und mehr steigen. Kein Wunder, wenn sie Fettgeschwülste, sogenannte Lipome, entwickeln und schon in jungen Jahren „von der Stange kippen“.
„Mein Coco ist so brav. Er nagt nicht, er macht nichts kaputt (denn er fliegt nicht herum) und er schreit auch nicht. Er will gar nicht aus seinem Käfig heraus. Aber
er ist gesund und glücklich, denn er frisst den ganzen Tag und rupft nicht.“
Nur zu oft beschreiben Papageienbesitzer ihre Lieblinge so – ein Trugschluss, wie sich später meist herausstellt. Denn diese Cocos sind oft durch ihr Übergewicht träge und still geworden. Gesunde Papageien sind lebhaft (auch ältere Tiere, zumindest zeitweise), sie spielen, nagen, fliegen, klettern und beschäftigen sich mit Artgenossen (falls vorhanden).
Untätigkeit ist also immer ein Alarmzeichen, auch wenn keine organische Krankheit vorliegt.
Fettgeschwülste tastbar
Wem das Verhalten nicht Beweis genug ist, der kann sich die Bestätigung durch Abwiegen sowie Abtasten von Brust und Bauch holen, wobei zur Sicherheit (und richtigen Behandlung) ein Tierarzt zu Rate gezogen werden sollte. Fettanlagerungen fühlen sich weicher an als normale Brustmuskulatur. Manchmal ist der Brustbeinkamm kaum mehr zu spüren. Mitunter sieht man das Fett gelblich durch die Haut schimmern. In manchen Fällen werden Lipome vom Tierarzt sogar operiert.
Das „Normalgewicht“ einer Art zum Vergleich anzugeben ist schwierig, da es oft große individuelle Schwankungen gibt. Besonders Arten, die ein großes Verbreitungsgebiet
haben, so wie z. B. der Graupapagei, variieren enorm in Größe und Gewicht. Es macht also nur Sinn, das eigene Tier auf Übergewichtigkeit zu untersuchen und dann entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Zahme Vögel sollte man überhaupt regelmäßig wiegen, denn Gewichtsveränderungen können ein Hinweis für Krankheiten sein.
Diät und Bewegung helfen
Die Therapie ist bei allen Lebewesen gleichartig: Diät und Bewegung, wobei nicht unbedingt weniger, aber jedenfalls anders gegessen werden muss. Alte Essgewohnheiten, wie der Verzehr von Schokolade, fetten Nüssen und Saaten, Schlagobers, Wurst und Käse sind sofort einzustellen.
Fettarme Nahrung, wie Obst, Gemüse, Reis, Hülsenfrüchte und Pellets haben jetzt Vorrang und werden gezielt gefüttert. Denn die – bisher mit Körnermischungen angefüllten – Futternäpfe sind ein Hauptgrund für die Verfettung. Wohl jeder Vogelbesitzer hat schon beobachtet, was passiert, wenn der Vogel mehr Futter zur Verfügung hat, als sein Körper benötigt: Er reagiert wie wir Menschen und sucht sich die am besten schmeckenden Körner heraus. Leider sind dies in der Regel die fettesten – also z. B. Sonnenblumenkerne, Kardisaat und Hanf (sowie die wegen ihrer Schimmelpilzbelastung ohnehin abzulehnenden Erdnüsse).
Damit ist nicht nur Verfettung, sondern auch eine einseitige Ernährung vorprogrammiert, die zwangsläufig zu Vitamin- und Mineralstoffmangel führt.
Besser langsam als gar nicht!
Bei sehr konservativen Körnerfressern ist eine radikale Umstellung nicht ratsam, da manche Vögel vor dem gesunden „Fitnessteller“ verhungern würden. Oft werden solche Radikalkuren auch schon am zweiten Tag vom Tierbesitzer abgebrochen, weil dieser dem psychischen Druck nicht standhält. Darauf folgt meist die Resignation und das Weiterführen alter Gewohnheiten, nach dem Motto: „Jetzt hat er’s 20 Jahre überlebt, dann kann’s ja nicht so schlecht sein.“ Diese Vögel überleben jedoch meist die folgenden zwei Jahre nicht. Sinnvoller ist daher eine schrittweise, aber konsequente Umstellung:
- genau berechnete Nahrungsmengen
- Verlagerung von fettreichen Saaten auf fettarme
- schrittweise Umstellung von Körnern auf Pellets
- vor der Nachtruhe Futterschüsseln aus der Voliere entfernen
- morgens bei der ersten Fütterung nur „erlaubte“ Nahrungsmittel, also Obst, Gemüse, Pellets
- erst abends „zur Belohnung“ wenige Körner
- Schluss mit Schokolade, Wurst und Co.
- zuckerhältige Knabberstangen und Snacks meiden
- frische Äste zum Knabbern reichen
- Bewegung und Beschäftigung!
„Fatburning“ für Papageien?
Ja, warum nicht? Das Fett muss abgebaut, Muskeln sollen aufgebaut werden. Dazu sollte die gesamte Haltungssituation einer Revision unterzogen werden. Zu kleine Käfige sollten durch geräumige Volieren ersetzt werden. Doch Größe ist nicht alles – wichtig sind auch Strukturen, die den Vogel zum Klettern und Spielen anregen. Weg mit den alten Sitzästen (vielleicht gar aus Plastik?), her mit frischen Naturästen, die zum Nagen locken! Mehrere Futterstellen in größerer Entfernung zueinander anbringen, ev. auch außerhalb des Käfigs. Spielsachen regelmäßig wechseln. Mit zahmen Papageien kann man regelrecht ein Flugtraining beginnen (dicke Matte zum Schutz auflegen). Achtung: Muskelkater nicht ausgeschlossen!
Vollgefüllte Schüsseln führen zu einseitiger Ernährung. Es gilt: Weniger ist mehr!
Wenn die Lebensgeister wieder im Vogel erwachen und er kurze Strecken freiwillig fliegt, ist schon ein großer Schritt getan. Doch bis dahin ist es oft ein langer Weg. Jeder Mensch, der mit seinem Gewicht kämpft, weiß, dass zu einer dauerhaften Gewichtsreduktion viel Ausdauer und Konsequenz gehört. Da wir selbst unsere Vögel in die missliche Lage der Übergewichtigkeit gebracht haben, liegt es auch hier wieder an uns, die notwendige Geduld aufzubringen.
Was sind Pellets und wie bringt man Papageien und Sittiche dazu, sie zu fressen?
Pellets sind extrudierte Futtermittel. Als Rohstoffe dienen Getreide, Hülsenfrüchte, Ölsaaten und Nüsse, die vermahlen und zu einem einheitlichen Brei vermengt werden. Durch Hitzeeinwirkung quillt die vorhandene Stärke und der Brei verkleistert; dann können verschiedene Formen gepresst werden. Durch den Herstellungsprozess gehen natürlich viele Vitamine und essentielle Aminosäuren verloren, die nachträglich wieder zugeführt werden müssen.
Pellets sind von Beginn an heiß diskutierte Futtermittel, da sie einerseits alle notwendigen Inhaltsstoffe für eine gesunde Ernährung bieten, andererseits aber kein ursprünglich natürliches Futter darstellen, also jenes, das Papageien auch in der Natur vorfinden würden. Daher sind die Exoten auch nicht übermäßig begeistert, wenn sie plötzlich Pellets statt Körnern in ihren Näpfen vorfinden. Die aussschließliche Pelletfütterung (also ohne zusätzliches Obst, Gemüse, etc.) kann zu krankhaften Veränderungen der Verdauungsorgane führen und ist daher abzulehnen. Dies gilt jedoch für jedes Futtermittel, wenn es als „Alleinfuttermittel“ verstanden wird. Einseitigkeit führt immer zu Problemen.
Aufgrund unserer Erfahrungen mit Papageien und ihren gesundheitlichen Problemen hat die Verfütterung von Pellets sehr wohl ihre Berechtigung, ganz besonders dann, wenn bereits Gesundheitsschäden durch falsche, verpilzte oder zu fettreiche Ernährung aufgetreten sind.